Kündigungsanfechtung - Konkretisierung der Anfechtungsgründe nach Ablauf der zweiwöch - Druckversion +- Fachforum für Rechnungswesen (https://org.boeb.at/forum) +-- Forum: BÖB News (https://org.boeb.at/forum/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: News & wichtige Infos (https://org.boeb.at/forum/forumdisplay.php?fid=2) +--- Thema: Kündigungsanfechtung - Konkretisierung der Anfechtungsgründe nach Ablauf der zweiwöch (/showthread.php?tid=2008) |
Kündigungsanfechtung - Konkretisierung der Anfechtungsgründe nach Ablauf der zweiwöch - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 08.09.2020 Kündigungsanfechtung - Konkretisierung der Anfechtungsgründe nach Ablauf der zweiwöchigen Anfechtungsfrist doch noch rechtzeitig OGH 8 ObA 58/20t vom 29. Juni 2020 § 36 Abs. 2 Z 3 ArbVG So entschied der OGH: A) Leitende Angestellteneigenschaft nach dem ArbVG ==> kein allgemeiner Kündigungsschutz nach dem ArbVG: 1. Ist ein/e Arbeitnehmer/in als leitende/r Angestellte/r im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 3 ArbVG anzusehen, so kann er bzw. sie zum Beispiel die eigene Kündigung nicht als sozialwidrig oder wegen verpönten Motivs anfechten. 2. Im hier zu beurteilenden Fall war ein Arbeitnehmer als Geschäftsführer bei einem gemeinnützigen Verein beschäftigt und wurde – auch vom OGH – als leitender Angestellter im Sinne des ArbVG angesehen (und konnte so seine eigene Kün-digung nicht anfechten) und zwar aus folgenden Gründen: a. er war für die Anstellung und die Kündigung sämtlicher Mitarbeiter (ins-gesamt 38) zuständig, lediglich hinsichtlich der Abteilungsleiter und des kaufmännischen Leiters hatte er bloß ein Vorschlagsrecht, b. er konnte entscheiden, ob eine Vollzeitkraft oder zwei Teilzeitkräfte (á 20 Stunden) eingestellt werden, c. er konnte Vertragsverhältnisse auf Honorarbasis alleine abschließen, d. Mitarbeiter verwarnen und Kündigungsschreiben sowie Dienstzeugnisse unterfertigen. e. Außerdem war er Ansprechpartner des Betriebsrats in Personalangelegenheiten und führte Verhandlungen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung, die er letztlich in Abstimmung gemeinsam mit dem Vorstand unterschrieb. 3. Nicht ins Gewicht fielen hingegen, dass a. er Entlassungen nicht alleine aussprechen konnte, b. er sämtliche Personalentscheidungen, die mit Mehrkosten verbunden waren, vom Vorstand genehmigen lassen musste, c. er bei Gehaltsverhandlungen keinen Spielraum hatte und ihm nur kostenneutrale Änderungen der Arbeitszeit möglich waren; d. ebenso wenig, dass Fördergeldverträge zusätzlich von zwei Vorstandsmitgliedern zu unterschreiben waren und der gekündigte Geschäftsführer bei Anschaffungen und Ausgaben ab 2.500 EUR den kaufmännischen Leiter zuzuziehen hatte und er ab 17.000 EUR pro Geschäftsfall überhaupt nicht mehr alleinverantwortlich entscheiden durfte. 4. Weder wird für die Qualifikation als leitender Angestellter eine alleinverantwortliche weisungsunabhängige Entscheidungsbefugnis verlangt (vgl 9 ObA 413/97v) noch schadet es, dass sich er bei seinen Personalentscheidungen im Rahmen eines vorgegebenen Budgets bewegen musste, zumal die finanziellen Beschränkungen hier in erster Linie der Tätigkeit des Arbeitgebers als gemeinnütziger Verein geschuldet waren. 5. Somit konnte er sich als leitender Angestellter nicht darauf berufen, dass das Vorverfahren mit dem Betriebsrat vor dem Ausspruch seiner Kündigung nicht eingehalten wurde. B) Ausweg „sittenwidrige Kündigung nach § 879 ABGB“: 6. Eine nach § 879 ABGB sittenwidrige Kündigung kann nur dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber von seinem Kündigungsrecht aus gänzlich unsachlichen und insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligenden Motiven, Gebrauch gemacht hätte. 7. Ob eine Kündigung sittenwidrig ist, kann nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. 8. Dass der Geschäftsführer ausschließlich wegen seiner Bitte um Intervention des Vorstands in seinem Konflikt mit dem Betriebsratsvorsitzenden gekündigt wurde konnte nicht festgestellt werden. 9. Dafür wurden zahlreiche andere Gründe festgestellt, die allesamt geeignet waren, die Zusammenarbeit zwischen dem ehemaligen Geschäftsführer und dem Vorstand des Arbeitgebers zu erschüttern. 10. Überdies muss dem Arbeitgeber auch zugestanden werden, einen leitenden An-gestellten in einer Führungsposition dann zu kündigen, wenn er den Eindruck hat, dass dieser vor allem in puncto Konfliktmanagement nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt. 11. Dass die Kündigung aus einem sogenannten Motivbündel resultiert und es da-her ausreicht, dass das verpönte Motiv zumindest mitursächlich gewesen ist, spielt hier keine Rolle, da dies ein Grundsatz der Beweiserleichterung aus dem Motivkündigungsschutzrecht ist und gerade der Motivkündigungsschutz hier nicht zur Anwendung gelangt (wegen der leitenden Angestellteneigenschaft). Dieser Beitrag stammt aus dem Lohnverrechnungsmagazin WIKU-Personal aktuell, dem LV-Magazin von Wilhelm Kurzböck, Ausgabe Nr. 15/2020. Informationen zu diesem Magazin finden Sie hier: http://wikutraining.at/seitenwiku/wiku_personal_aktuell.html |