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Die Mär vom Lohdumping, wenn beitragspflichtiges Taggeld nicht bezahlt wurde - Druckversion

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Die Mär vom Lohdumping, wenn beitragspflichtiges Taggeld nicht bezahlt wurde - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 06.04.2021

Die Mär vom Lohdumping, wenn beitragspflichtiges Taggeld nicht bezahlt wurde
 
VwGH Ra 2020/11/0179 vom 15. Februar 2021
 
§ 29 Abs. 1 LSD-BG
 
Das Erkenntnis des VwGH:
 
1.   Ein Taggeld zählt dann NICHT zum Mindestentgelt, wenn von ihm keine Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen sind bzw. auch dann nicht, wenn es nicht zur  Erstattung für infolge der Entsendung tatsächlich entstandene Kosten wie zB Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten gezahlt wird.
2.   Dazu müsste die Behörde einerseits feststellen, welche Kosten, die dem bzw. der jeweilige/n Arbeitnehmer/in betreffend die Hin- und Rückreise, dessen/deren Unterbringung und dessen/deren Verpflegung erwuchsen, von Arbeitgeberseite tatsächlich übernommen wurden und andererseits wie hoch diese Taggelder waren und welchem Zweck sie konkret dienten.
 
WIKU-Praxisanalyse:
 
Dieses Erkenntnis zeigt – übrigens nicht zum ersten Mal – Folgendes auf:
 
Der sv-freie Teil eines Taggeldes ist schon mal von Haus kein tauglicher Ausgleich für ein der Höhe nach ungenügend bezahltes Mindestentgelt. Umgekehrt ist es so, dass wenn man dem bzw. der Arbeitnehmer/in so ein Taggeld vorenthält, dann liegt ohne Zweifel keine strafbare Unterentlohnung im Sinne des LSD-BG vor.
 
Die Mär vom „Lohndumping“ betreffend vorenthaltenem sv-pflichtigen Taggeld (also zB jenem Taggeldanteil, der über die steuerfreien Betragsteile – zB € 26,40 hinausgeht) wird durch dieses Erkenntnis auch als solche „entlarvt“, weil es – folgt man dem VwGH - zum einen auf Zweck und Bestimmung der Zahlung (des Taggeldes) ankommt (zB Aufwandsersatz) und zum anderen auf die Feststellung, welche Kosten dem bzw. der Arbeitnehmer/in auch tatsächlich durch den auswärtigen Einsatz erwachsen.
 
Die simple von Behörden praktizierte Feststellung, dass wenn ein Taggeld(anteil), der sv-pflichtig wäre, nicht bezahlt wurde, dies automatisch als Lohndumping zu qualifizieren wäre, lässt sich wohl spätestens nach diesem VwGH-Erkenntnis nicht länger aufrecht erhalten.
 
Ist in einem konkreten Fall erwiesen, dass mit einer derartigen Zahlung tatsächlich ein Aufwand, der durch die auswärtige Tätigkeit entstanden ist, abgegolten würde, dann läge ein Aufwandsersatz vor, der – nur weil er teilweise sv-pflichtig ist – nicht zum Mindestentgelt zu zählen ist. Wird Derartiges vorenthalten, so ist dies zwar rechtlich verwerflich, aber nicht automatisch ein Lohndumping-Delikt.
 
Dies festzustellen ist Sache der Behörde.