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Landesverwaltungsgericht NÖ ganz aktuell zur "Epidemieentgeltsrückerstattung": anteil - Druckversion

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Landesverwaltungsgericht NÖ ganz aktuell zur "Epidemieentgeltsrückerstattung": anteil - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 12.05.2021

Landesverwaltungsgericht NÖ ganz aktuell zur "Epidemieentgeltsrückerstattung": anteilige Sonderzahlungen: ja - ALV-Dienstgeberanteil: nein
Landesverwaltungsgericht Niederösterreich
LVwG-AV-56/001-2021 vom 1. Mai 2021
LVwG-AV-67/001-2021 vom 1. Mai 2021
1. Die anteiligen Sonderzahlungen sind bei der Rückerstattung des Entgelts nach § 32 Epidemiegesetz (Rückerstattung betreffend jenes Entgelts, das für die Dauer einer behördlichen Absonderung weitergewährt wurde) zu berücksichtigen.
2. Dabei ist nicht entscheidend, dass sie während Absonderungszeitraumes ausbezahlt wurden, sondern dass sie FÜR diesen Zeitraum zustehen und auch tatsächlich ausbezahlt wurden.
3. Jede andere Auslegung würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.
4. Wenn eine Sonderzahlung im Juni ausbezahlt wird, würde ansonsten ein Dienstgeber für einen Dienstnehmer, der im Juni abgesondert war, die Sonderzahlung aliquot als Vergütung erhalten, für einen im Mai abgesonderten Dienstnehmer jedoch nicht, dies ohne sachliche Rechtfertigung.
5. Aus der taxativen Aufzählung in § 51 ASVG ergibt sich, dass ausschließlich Dienstgeberanteile zur Kranken- (3,78 %), Unfall - (1,2 %)  und Pensionsversicherung (12,55 %) zu ersetzen sind (in Summe 17,53 %).
6. Noch anschaulicher wird der Widerspruch zu einer sachlichen Gleichbehandlung für den hypothetischen Fall, wenn ein und derselbe Dienstnehmer in der letzten Woche des Monats Mai und in der letzten Woche des Monats Juni abgesondert war und der Dienstgeber die Sonderzahlung im Monat Juni ausbezahlt hat; in diesem Fall würde der Dienstgeber für ein und dieselbe Person die anteilige Sonderzahlung teilweise – für den Monat Juni – ersetzt bekommen und teilweise – für den Monat Mai - nicht.
7. Eben dies entspricht weder dem Wortlaut der heranzuziehenden rechtlichen Bestimmungen noch dem Willen des Gesetzgebers, dass die von der behördlichen Verfügung betroffene Person durch die Vergütung nicht schlechter gestellt werden und daher aufgrund eben dieser behördlichen Verfügung keinen Vermögensnachteil erleiden soll.
8. Alle übrigen Dienstgeberanteile (nämlich zur Arbeitslosenversicherung, zum IESG, Wohnbauförderungsbeitrag etc.) sind vom Erstattungsumfang nicht erfasst.
9. Was zudem die Arbeitslosenversicherung im Speziellen betrifft, trennt der Gesetzgeber nicht nur die gesetzliche Sozialversicherung des ASVG von der Arbeitslosenversicherung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, sondern wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof in verschiedensten Entscheidungen auf diese Trennung verwiesen (z.B. VwGH 06.07.2016, Ro 2016/08/0008; 17.11.2004, 2002/08/0068; 16.02.1999, 94/08/0282).
10. Sohin ist hier im Ergebnis davon auszugehen, dass von dem vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung nach § 32 Abs. 3 EpiG ausschließlich die Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung umfasst ist. Davon umfasst sind allerdings nicht nur die entsprechend vom Dienstgeber mit dem Bruttogehalt des Dienstnehmers verbundenen Beiträge, sondern auch die mit den Sonderzahlungen des Dienstnehmers verbundenen.
Praxisanmerkung:
Die ordentliche Revision zum Verwaltungsgerichtshof wurde hier jeweils nicht zugelassen. Ob eine außerordentliche Revision eingelegt wird, bleibt noch abzuwarten (ca bis Mitte Juni 2021 wäre ja Zeit, die außerordentliche Revision beim Höchstgericht einzubringen).
Es zeichnet sich immer mehr der Trend ab, dass die anteiligen Sonderzahlungen jedenfalls bei der Rückerstattung dabei sein müssen (so sie auch irgendwann im Sonderzahlungszeitraum, das zumeist das Kalenderjahr ist, gewährt wurden).
Die "Ausreißer-Erkenntnisse" aus Oberösterreich sind hier - aus meiner Sicht - nicht mehr repräsentativ, da jene Erkenntnisse, die "pro Einbeziehung" der anteiligen Sonderzahlungen sprechen, nun schon in der eindeutigen Mehrzahl sind.
Für die Lohnverrechnung besteht natürlich das Dilemma, dass die zuständige Behörde (Bezirksverwaltungsbehörde) im Falle der Einbeziehung in den Antrag den jeweiligen Antrag ablehnen wird und man dann gezwungen ist, ins aufreibende Rechtsmittelverfahren zu gehen, an dessen Ende man aber Recht bekommt (außer in OÖ: hier muss man derzeit zum VwGH gehen, um zu seinem Recht zu kommen).
Wenn dann das endgültige VwGH-Erkenntnis da sein sollte (das ich für den Herbst diesen Jahres erwarte), wonach die anteiligen Sonderzahlungen völlig unabhängig vom tatsächlichen Auszahlungstermin (schon aus Sachlichkeitsgründen) hätte rückerstattet werden müssen, werden dann natürlich die Fragen eintrudeln, ob man hier noch etwas retten kann, wenn man den Weg gewählt hat, welchen der Erlass des Gesundheitsministeriums vorgibt (der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht halten wird). Dies wird aber nur dann "gehen", solange die jeweilige behördliche Entscheidung (also jene der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, so sie ablehnend war) noch nicht rechtskräftig wurde.
Man wird hier also nicht umhin kommen, eine Entscheidung zu treffen, die einem möglichst wenig weitere Ressourcen abringt.
Betreffend die Ausklammerung des ALV-Dienstgeberanteils finde ich die vorliegenden Erkenntnisse nicht wirklich überzeugend. Auch der Verweis auf die VwGH-Erkenntnisse, wonach das Höchstgericht im Bereich der Sozialversicherung selber "trennt", tut meiner Ansicht nach zum vorliegenden Problem nicht wirklich etwas zur Sache. Auch hier wird man auf ein höchstgerichtliches Erkenntnis wohl warten müssen.


Beachten wird man mE ja auch müssen, dass es Arbeitnehmer-innen gibt, die während einer Kurzarbeit abgesondert waren. Dort nämlich wäre vom anteiligen Mindestbruttoentgelt auszugehen (außer man hat freiwillig mehr bezahlt), zuzüglich anteilige Sonderzahlungen. Hinzu kommt noch, dass in Bezug auf das laufende Entgelt ja die vom Arbeitgeber getragenen SV-Beiträge höher ausfallen, da dieser ja Teile der sonst dem Dienstnehmer bzw. der Dienstnehmerin auferlegten Dienstnehmeranteile "tragen" muss. Es steht zu befürchten, dass die Behörden wiederum die hier dargestellten Prozentsätze nehmen und alles andere wieder abweisen, weil es hier möglicherweise auch an der Detailkenntnis der Beitragsentwicklung fehlt, das dann nicht ins Schema passt. Bleibt zu hoffen, dass man keine Probleme bekommt, weil man für abgesonderte Personen, die 60 oder älter sind, keinen Unfallversicherungsbeitrag "beantragt", da dieser ja nicht anfällt und somit auch nicht "ins Schema passt".