Übernahme von Pflegeheimkosten des vermögenden Schwagers stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 11.02.2022
Übernahme von Pflegeheimkosten des vermögenden Schwagers stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar
VwGH Ra 2019/13/0076 vom 3. Dezember 2021
§ 34 EStG 1988
So entschied der VwGH:
- Eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen setzt nach der Rechtsprechung des VwGH voraus, dass sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen zu der Leistung verpflichtet halten kann.
- Nicht das persönliche Pflichtgefühl des Steuerpflichtigen, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden moralischen Anschauungen ist entscheidend.
- Es reicht daher nicht aus, dass die Leistung menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung das Handeln gebieten (vgl. VwGH 5.2.2021, Ra 2019/13/0027; 27.9.1995, 92/15/0214, jeweils mwN).
- Die Sittenordnung gebietet es nicht, dass die Schwägerin eines Pflegebedürftigen Aufwendungen in Höhe von ca. 30.000 € (Pflegeheimkosten) endgültig tragen muss, wenn dieser über Vermögen verfügt, dessen Wert weit über diesen Kosten liegt und in weiterer Folge an andere Personen vererbt wird.
- Die Aufwandstragung hätte daher auch nur vorläufig (zB als Darlehen, gegebenenfalls nach Bewilligung des Pflegschaftsgerichts) erfolgen müssen, um die Ansprüche dann gegen die Verlassenschaft geltend zu machen.
- Weiters hätte die Schwägerin prüfen können, ob andere zivilrechtliche Titel in Frage gekommen wären, um die Aufwendungen gegen die Verlassenschaft geltend zu machen.
- Stellt sich die endgültige Tragung des Aufwandes nicht als Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung dar, so fehlt der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit (vgl. VwGH 9.9.1998, 94/14/0009).
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