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Taggeldabhängigkeit vom Vorhandensein eines inländischen Wohnsitzes verstößt gegen EU-Recht – abgabenrechtliche Auswirkungen - Druckversion

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Taggeldabhängigkeit vom Vorhandensein eines inländischen Wohnsitzes verstößt gegen EU-Recht – abgabenrechtliche Auswirkungen - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 21.09.2022

Taggeldabhängigkeit vom Vorhandensein eines inländischen Wohnsitzes verstößt gegen EU-Recht – abgabenrechtliche Auswirkungen 

BFG RV/5100647/2020 vom 22. Juli 2022 ==> Amtsrevision erhoben
§ 26 Z 4 EStG 1988
§ 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988

 
So entschied das BFG:

 1.    Sieht ein Kollektivvertrag vor, dass ein „Trennungsgeld“ (= kollektivvertraglich geregeltes Tagesgeld im Falle der Notwendigkeit einer auswärtigen Nächtigung im Zuge der auswärtigen Dienstverrichtung) arbeitsrechtlich nur dann zusteht, wenn die tägliche Rückkehr zum INLÄNDISCHEN Wohnsitz unzumutbar ist, so verstößt diese Regelung (in Bezug auf Arbeitnehmer:innen, welche den Wohnsitz im Ausland haben) gegen EU-Recht (Verstoß gegen den Grundsatz der „EU-Freizügigkeit“).

2.    Da eine (hier: mittelbare) Diskriminierung vorliegt, haben auch Arbeitnehmer:innen ohne Wohnsitz im Inland, die im Inland eine Beschäftigung ausüben, welche diesem Kollektivvertrag unterliegt und die Voraussetzung der Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr erfüllen, Anspruch auf das Trennungsgeld.

3.    Dieses Trennungsgeld fällt daher unter die Begünstigung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 und kann ohne zeitliche Beschränkung abgabenfrei gewährt werden, soweit es die steuerfreien Beträge nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht überschreitet.

4.    Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts liegt hier die Typustätigkeit der „Baustellentätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers“ vor, da die in wechselnden Forstgebieten eingesetzten Arbeitnehmer Schlägerungsarbeiten im Wald verrichten, wobei es sich hier um eine jeweils nur lokal umschriebene Tätigkeit handelt.

5.    Für Krankenstandstage, die zu Hause verbracht wurden, steht das Trennungsgeld gemäß Kollektivvertrag nicht zu und ist daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts lohnsteuerpflichtig abzurechnen.

6.    Da der Kollektivvertrag keinen Rechtsanspruch auf ein kollektivvertragliches pauschales Nächtigungsgeld vorsieht, fällt die (freiwillige) Bezahlung des Nächtigungsgeldes unter den zweiten Tatbestand des § 26 Z 4 EStG 1988 (nicht zeitlich unbeschränkt steuerfrei, sondern maximal für 6 Monate). Auch hier gilt, dass Nächtigungsgelder, die für Krankenstandstage, die zu Hause verbracht wurden, gewährt wurden, steuerpflichtig sind.  
WIKU-Praxisanmerkung:

Durchaus interessant erscheint der Hinweis zu sein, dass das Abhängigmachen eines Anspruches auf Tagesgeld vom Vorhandensein eines inländischen Wohnsitzes gegen EU-Recht verstößt.

Im vorliegenden Fall ging es um § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für Forstarbeiter:innen, der aber mittlerweile überarbeitet wurde.·        

Bei anderen Kollektivverträgen (zB. Arbeiter-KV im Baugewerbe) steht eine derartige „Sanierung“ noch aus.

Die Finanzverwaltung ist mit diesem BFG-Entscheid nicht einverstanden und hat Amtsrevision vor dem VwGH erhoben. Man darf auf das höchstgerichtliche Erkenntnis zu diesen Fragen durchaus gespannt sein.