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Vertretung von Ordinationsärzt/innen – kein Dienstverhältnis - weitere Entwicklungen - Wilhelm Kurzböck - 23.08.2019 Vertretung von Ordinationsärzt/innen – kein Dienstverhältnis VwGH Ra 2017/13/0041 vom 12. September 2018 VwGH Ra 2019/13/0040 vom 15. Mai 2019 § 47 Abs. 1 EStG 1988 So entschied der VwGH: 1. Vertritt ein Arzt einen Ordinationsinhaber bei der Behandlung von dessen Patienten, so kann dies nach der Rechtsprechung des OGH in Form einer „Erfüllungsgehilfenschaft“ erfolgen, wenn der bzw. die jeweilige Patient/in der Meinung sein musste, „entweder vom Ordinationsinhaber persönlich oder zumindest innerhalb seines Verantwortungsbereichs“ behandelt zu werden.
2. Werden aber die Patienten vor Beginn der Behandlung über den „Vertretungsfall“ mit entsprechenden Maßnahmen aufgeklärt (zB Anbringen eines entsprechenden Hinweises am Ordinationsschild oder an der Eingangstür zum Behandlungsraum, Anweisung an den Vertreter oder sein Personal, die Patienten entsprechend zu informieren), so kommt der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patienten, in der Regel auf schlüssige Art und Weise mit der Vertretungsperson zustande und nicht mit dem vertretenen Ordinationsinhaber.
3. Eine derartige Information bildet den Regelfall. Es kommt nicht darauf an, was den Patienten "bewusst war", sondern nur darauf, ob durch die Unterlassung geeigneter Maßnahmen ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, der auf die Behandlung zumindest "im Verantwortungsbereich" des Ordinationsinhabers schließen ließ.
4. Dass die Vertretungsärztinnen nicht mit dem männlichen Ordinationsinhaber identisch sein konnten, lässt für sich alleine genommen keinen Schluss zu.
5. Traf es zu, dass die Vertretungsärztinnen im eigenen Namen und auf eigenes Risiko eigene Behandlungsverträge mit den Patienten schlossen, was ihre volle vertragliche Haftung gegenüber den Patienten begründete, so würden jene Gesichtspunkte, die im vorliegenden Fall für ein Dienstverhältnis sprechen, in den Hintergrund treten.
6. Die jeweils für die Dauer der "Vertretung" zu bejahende Eingliederung des Vertretungsarztes in den geschäftlichen Organismus des Ordinationsinhabers, in dessen Räumen und mit dessen Einrichtungen und Personal die "Vertretung" erfolgte, spricht tendenziell für ein Dienstverhältnis,
7. Gleichzeitig ist sie aber wenig aussagekräftig, weil sie bei zeitlich begrenzten "Vertretungen" am Sitz einer Kassenplanstelle auf einem Sachzwang beruht und der geschäftliche Organismus des Ordinationsinhabers für Behandlungen zum Einsatz kommt, die ihm nicht als eigene zuzurechnen sind.
8. Dass die Abrechnung über den Ordinationsinhaber erfolgt, steht einer Selbständigkeit der Tätigkeit in solchen Fällen nicht entgegen.
9. Insgesamt überwogen die Merkmale der selbständigen Tätigkeit.
Seit dem 19. März 2019 sind Ärzt/innen, die eine/n Ordinationsinhaber/in vertreten, im Bereich der Sozialversicherung nicht mehr dem ASVG, sondern dem FSVG unterworfen (siehe dazu WPA 12/2019, Artikel Nr. 265/2019).
Eine steuerliche Klarstellung sollte über die Steuerreform kommen, die sich aus den bekannten Gründen noch verschoben hat.
Dennoch soll es ab 1. Oktober 2019 möglich sein, dass Ordinationsinhaber/innen andere Ärzte in einem Anstellungsverhältnis beschäftigen (außerhalb von Vertretungsfällen).
Zu einem Artikel, der dieses Thema behandelt, geht es hier.
https://kurier.at/chronik/oesterreich/aerzte-duerfen-ab-oktober-aerzte-anstellen/400581482?fbclid=IwAR2a7j5Y7iPG1m089svXKQsqvFv-Wr46vqflG7ALIO88Fks2PGDICcMyL2Q |