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Wann ist beim Kinderbetreuungsgeld von getrennt lebenden Elternteilen auszugehen? - Wilhelm Kurzböck - 04.09.2019

Wann ist beim Kinderbetreuungsgeld von getrennt lebenden Elternteilen auszugehen?
 
OGH 10 ObS 45/19v vom 30. Juli 2019
§ 2 Abs. 8 KBGG
 
Sachverhalt:
Der Vater des Kindes lebte zwar faktisch mit dem Kind und der Kindesmutter an ein und derselben Wohnadresse, er war aber als Selbständiger unter der Adresse seiner Betriebsstätte in Österreich hauptwohnsitzgemeldet (und nicht an der Adresse, an der sein Kind und seine Partnerin in Tschechien lebten).
 
Er arbeitete während der Arbeitswoche von Montag bis Donnerstag in Österreich, pendelte aber täglich von seinem tschechischen Wohnort (an dem auch seine Frau und sein Kind wohnten) zur Betriebsstätte und bezog auch die Familienbeihilfe.
 
Der zuständige Krankenversicherungsträger verweigerte seiner Partnerin die Auszahlung von pauschalem Kinderbetreuungsgeld, da seiner Ansicht nach von „getrennt lebenden Elternteilen“ ausgegangen werden musste. In diesem Fall nämlich – also wenn die Eltern getrennt leben würden – müsste nämlich die Partnerin die Familienbeihilfe beziehen.
 
Fraglich war also, ob der Partner, der nicht Kinderbetreuungsgeld bezieht, an derselben Adresse wie Kindesmutter und Kind auch hauptwohnsitzgemeldet sein muss oder ob das Vorliegen eines „gemeinsamer Haushaltes“ ausreicht.
 
So entschied der OGH:
 
Der OGH verwarf dieses Auslegungsergebnis des Krankenversicherungsträgers und ging davon aus, dass die Eltern nicht getrennt lebten.
 
 
Die Entscheidungsgründe des OGH:
·        Nach § 2 Abs. 8 KBGG muss im Falle getrennt lebender Eltern, der antragstellende Elternteil höchstpersönlich die Familienbeihilfe beziehen.
·        Während § 2 Abs 6 KBGG den „gemeinsamen Haushalt“ (für das gesamte KBGG) definiert, stellt § 2 Abs 8 KBGG nicht auf das Fehlen eines „gemeinsamen Haushalts“ der Eltern ab, sondern darauf, dass die Eltern „getrennt leben“. Insoweit werden auch andere Begriffe verwendet.
·        Im Ergebnis ist § 2 Abs 8 KBGG daher dahin auszulegen, dass für die Beurteilung, ob getrennt lebende Eltern im Sinn dieser Bestimmung vorliegen, auf die faktischen Verhältnisse abzustellen ist. Der behördlichen Meldung kommt insofern Indizwirkung zu.
·        Im vorliegenden Fall kann nach den getroffenen Feststellungen kein Zweifel daran bestehen, dass die Kindesmutter, die das Kinderbetreuungsgeld begehrte und ihr Ehemann nicht im Sinn des § 2 Abs 8 KBGG „getrennt leben“, auch wenn er nicht an der gemeinsamen Adresse hauptwohnsitzgemeldet war.
·        Der Umstand, dass nicht die Kindesmutter, sondern ihr Ehemann die Familienbeihilfe für das Kind bezog, führte daher hier nicht zum Anspruchsverlust.