Steuerliche Auswirkung einer Sperrminorität eines nicht wesentlich beteiligten geschäftsführenden Gesellschafters - Wilhelm Kurzböck - WIKU - 15.01.2024
Steuerliche Auswirkung einer Sperrminorität eines nicht wesentlich beteiligten geschäftsführenden Gesellschafters
VwGH Ra 2022/15/0002 vom 6. September 2023
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988
- Ist ein/e GmbH-Gesellschafter/in zu maximal 25 % (und somit „nicht wesentlich“) an der GmbH beteiligt, ohne gleichzeitig Geschäftsführer/in zu sein, so führt eine „Sperrminorität“ (Befugnis laut Gesellschaftsvertrag, Beschlüsse der Generalversammlung zu verhindern) nicht dazu, dass automatisch Lohnsteuerpflicht gegeben ist. Ebenso lag keine DB/DZ/KommSt-Pflicht für die an ihn bzw. sie bezahlten Vergütungen vor. Ist er bzw. sie zudem auch vertraglich (über den Anstellungsvertrag) weisungsfrei gestellt (unterliegt er somit auch keinerlei persönlichen Weisungen), so besteht zivilrechtlich ein freier Dienstvertrag, der nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegt.
- Anders verhält es sich, wenn der vertraglich weisungsfrei gestellte und „nicht wesentlich“ (maximal zu 25 %) beteiligte Gesellschafter zugleich handelsrechtlicher Geschäftsführer ist. Im hier zu beurteilenden Fall sah der Gesellschaftsvertrag für genau aufgezählte Angelegenheiten, die sich auf die Ausführung der Geschäftsführung bezogen, vor, dass hierfür ein qualifiziertes Beschlusserfordernis von 90 % der abgegebenen Stimmen notwendig war, womit den nicht wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern in diesen Bereichen eine Sperrminorität zukam.
- Über dieses qualifizierte Beschlusserfordernis sichern die Gesellschafter-Geschäftsführer aber auch ihre im Anstellungsvertrag vereinbarte Weisungsfreiheit gesellschaftsvertraglich ab, wodurch die zuvor schuldrechtlich vereinbarte Weisungsfreiheit letztlich gesellschaftsvertraglich garantiert bleibt.
- Aus diesem Zusammenspiel ergibt sich sohin, dass bei den nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern letztlich iSd 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 „die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt“ und daher Lohnsteuerpflicht sowie DB-/DZ-/KommSt-Pflicht vorlag.
Praxisanmerkung:
- In folgenden Angelegenheiten war die „qualifizierte Stimmenmehrheit“ (90 % laut Gesellschaftsvertrag notwendig)
- Änderung des Gesellschaftsvertrages einschließlich der Änderung des Unternehmensgegenstandes
- Zustimmung zur Übertragung, Teilung oder Belastung eines Gesellschaftsanteils, Einräumung einer Unterbeteiligung und Eintritt eines stillen Gesellschafters
- Beschlüsse über Fusionen sowie Maßnahmen nach dem Umgründungssteuergesetz und ähnlichen Normen
- Bestellung von Geschäftsführern und Prokuristen (nicht die Abberufung) (d)
- Änderung des Stammkapitals
- Neuaufnahme von Gesellschaftern
- Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft sowie die Aufgabe des Geschäftsbetriebes oder wesentlicher Teile hiervon und zwar auch durch Bestandgabe
- Beschlüsse über die Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens oder wesentlicher Teile hiervon
- Beschlüsse über die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots oder die Entbindung vom Konkurrenzverbot
- Erwerb oder Veräußerung von anderen Unternehmen oder von Beteiligung von solchen, Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen
- Versorgungszusagen jeder Art
- Abschluss von Geschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern
- Abschluss und Änderung von Anstellungsverträgen mit den Geschäftsführern sowie die Festlegung deren Vergütung
- Gewährung von Gewinn- oder Umsatzbeteiligungen oder Pensionszusagen.
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