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Kurzarbeit und freier Dienstnehmer
#1
Ich habe folgenden aus meiner Sicht heiklen Fall:

Ein Verein hat seit 1.10.2020 einen freien Dienstnehmer, der mit Lehr- und Recherchetätigkeit betraut ist. Es ist ein Stundensatz vereinbart. Zeit ist frei einzuteilen wobei von 30 Stunden pro Woche ausgegangen wird. Im Oktober wurden 120 Stunden abgerechnet.

Der freie DN war den ganzen November krank. Im Dezember hat er angeblich Corona-bedingt keine Stunde gearbeitet. Im Jänner wurde nun rückwirkend per 1. November Kurzarbeit beantragt.

Aus meiner Sicht: Normalarbeitszeit gibt es nicht (sonst wäre es ja schon ein Angestelltenverhältnis) und ohne Leistungserbringung gibt es keinen Anspruch. Recherchearbeiten hätten auch während Corona erledigt werden können. Weiterbildungsmaßnahmen sind auch erlaubt und somit hätte er auch das machen können, aber hier waren vielleicht corona-bedingt keine Interessenten da.

Für mich hat es stark den Anschein, dass hier lediglich das System missbraucht werden soll und im Fall einer Prüfung die ganze Geschichte dem Verein um die Ohren fliegen wird.

Wie seht ihr das?
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#2
Ich denke schon, dass man hier grundsätzlich etwas machen kann. 

Aber das lässt sich leider nicht von außen recht allgemein klären, das müsste man in einem Coaching oder einer Beratung besprechen, da es dazu auch mehr an Falldetails. 

Hier kommt die von Haus aus heikle Beurteilung "Vertragsqualifzierung" mit der nicht minder heiklen Rechtslage der Kurzarbeit zusammen.

Im Laufe der Entstehung der Covid-19-Kurzarbeit hat man ja die freien Dienstnehmer/innen, soweit sie auch arbeitslosenversichert sind (das wäre schon einmal das erste Detail, das man klären müsste), miteinbezogen, sofern eine wöchentliche Normalarbeitszeit darstellbar ist (hier offenbar sind das 30 Wochenstunden) und ein Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze erzielen. Wenn hier als im Oktober 2020 ein voll entlohnter arbeitslosenversicherungspflichtiger Kalendermonat vorlag (und die übrigen genannten Voraussetzungen vorliegen oder vorlagen), dann kann man das Ganze sehr wohl weiterverfolgen.

Was den Krankenstand betrifft, so müsste man zunächst mal sehen, um wieviel Prozent die Arbeitszeit reduziert werden soll. Dieser reduzierte Wert wäre dann nicht kurzarbeitstauglich, weil im Zuge des Krankenstandes halt anderweitig ausgefallen (hier wird dann vermutlich auch keine freiwillige Entgeltsfortzahlung geleistet), aber die darüber hinaus (durch Kurzarbeit) ausfallende Zeit wäre für die Gewährung der Kurzarbeitsunterstützung zugänglich, Ähnliches könnte - aber das müsste man sich halt im Detail ansehen - für den nicht möglichen Arbeitseinsatz im Dezember 2020 gelten (ev. könnte man hier weitläufig § 1155 ABGB ins Spiel bringen, was aber nur bedeutet, dass man hier als echter Dienstnehmer einen Entgeltsfortzahlungsanspruch hätte, als freier Dienstnehmer möglicherweise aber auch, was durch OGH-Judikatur belegt ist, was aber von den Details abhängig ist; der Rest wäre für die Kurzarbeitsunterstützung zugänglich).

Insgesamt würde ich dann aber überlegen, ob man hier nicht doch ein Mindestbruttoentgelt insgesamt jeweils bezahlt. Dass dadurch aus einem freien DV ein echtes DV wird, ist mit Sicherheit eine Gefahr, die nicht von der Hand zu weisen ist, fraglich ist und bleibt jedoch, wie es um die übrigen Merkmale des Vertrages bestimmt ist und ob dadurch eine Schwalbe einen Sommer macht.

Das sind ein paar Gedanken von außen. Die müsste man halt mit einem Berater oder einer Beraterin Ihrer Wahl entsprechend vertiefen. 

Schönes Wochenende!
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