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Nutzungsmöglichkeit eines Spindes als feste örtliche Betriebsstätte

BFH vom 07.06.2023, I R 37/20

DBA Deutschland - Großbritannien


1. Nach ständiger Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs setzt die Annahme einer Betriebsstätte eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vo-rübergehende Verfügungsmacht hat. Es geht darum, dass die eigene unternehme-rische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird ("Verwurzelung" des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit).

2. Diesen Anforderungen, die auch für den abkommensrechtlichen Begriff der Betriebsstätte/festen Einrichtung (hier: DBA-Großbritannien 1964/1970 und 2010) prägend sind, wird entsprochen, wenn dem Dienstleistenden (hier: Flugzeugmechaniker/-ingenieur) im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung (hier: Wartungs-arbeiten an Flugzeugen) personenbeschränkte Nutzungsstrukturen an ortsbezogenen Geschäftseinrichtungen (hier: Spind und Schließfach in Gemeinschaftsräumen auf dem Flughafengelände) zur Verfügung gestellt werden.

3. Der Umstand, dass im hier zu beurteilenden Fall das Werkzeug nicht tatsächlich in einem Schließfach aufbewahrt wurde, steht der theoretisch möglichen betriebsbezogenen Nutzung nicht entgegen. Auch kann im Spind nicht nur die Privatkleidung während der Arbeitszeit gelagert werden, sondern auch die Arbeitskleidung außerhalb der Ar-beitszeit.
4. Somit zielt das deutsche Höchstgericht einzig und alleine auf die Möglichkeit und nicht auf die tatsächliche Lagerung der Arbeitsmittel ab und bejaht eine feste Einrichtung des Steuerpflichtigen auf dem Gelände des Auftraggebers.
5. Auf die Ausnahme im DBA, wonach eine Betriebsstätte dann nicht anzunehmen ist, wenn sich die Nutzung ausschließlich auf die Lagerung von Gütern bezieht, kann sich der Steuerpflichtige nicht berufen.

Praxisanmerkung:

Mit diesem Urteil wird insoweit eine neue Ära eingeleitet, als nun in Deutschland bei grenz-überschreitenden Sachverhalten deutlich schneller eine Dienstleistungsbetriebsstätte vor-liegen wird, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Vor allem die Frage, ob durch die Verfügungsmöglichkeit über einen Spind eine Betriebsstätte begründet werden kann, ist – nachdem hier die deutsche Judikatur durchaus volatil war – nun offenbar geklärt.

Es bleibt abzuwarten, wie der VwGH in Österreich in vergleichbaren Fällen entscheiden wird.