06.11.2023, 08:34
Fehlende Homeoffice-Tage auf Jahreslohnzettel – Finanzamt darf Arbeitnehmerantrag betreffend Homeoffice-Werbungskosten nicht einfach deshalb ablehnen
BFG 17.01.2023, RV/7100074/2023
§ 26 Z 9 lit. a EStG 1988
So entschied das BFG:
1. Beim Lohnzettel handelt es sich um eine Privaturkunde.
2. Eine gegenüber anderen Beweismitteln erhöhte Beweiskraft oder gar eine formelle Bindungswirkung von Lohnzetteln ist dem Abgabenverfahrensrecht fremd (UFSW 1.10.2012, RV/0519-W/12).
3. Hinsichtlich ihrer inhaltlichen Richtigkeit unterliegen Privaturkunden der freien Beweiswürdigung (BFG 26.3.2014, RV/2100210/2012, mwN).
4. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer besteht keine Bindung an Feststellungen im Lohnsteuerverfahren, vielmehr ist die Einkommensteuerveranlagung von einem Lohnsteuerverfahren unabhängig (VwGH 22.9.2000, 98/15/0014; UFSW 8.3.2013, RV/1985-W/10).
5. Daraus folgt, dass die Voraussetzungen für den Abzug von Werbungskosten eigenständig zu ermitteln sind. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, bei dem es um die Geltendmachung von „Homeoffice-Werbungskosten“ geht, obwohl der Arbeitgeber – trotz seiner Verpflichtung – keine Homeoffice-Tage über den Jahreslohnzettel gemeldet hat.
6. Der Lohnzettel ist aufgrund der Eintragungen im Lohnkonto auszuschreiben, die Daten, die in das Lohnkonto einzutragen sind, ergeben sich aus § 76 Abs 1 EStG 1988 und der Lohnkontenverordnung 2006.
7. Im Ergebnis ist der Lohnzettel somit einem Kontoauszug vergleichbar.
8. Somit ist der Lohnzettel "eine zentrale Komponente zur Feststellung, Plausibilisierung und Nachvollziehbarkeit der Besteuerungsgrundlagen nach dem EStG", daraus folgt: "Für die Abgabenbehörde besteht aber keine Bindung an den Lohnzettel; er hat nur eine - wenn auch wesentliche - Indizwirkung".
9. Im vorliegenden Fall ist das Finanzamt somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass auf Grund des Umstandes, dass im Lohnzettel keine Home-Office-Tage ausgewiesen sind, (zwingend) von einem Nichtvorliegen solcher Tage auszugehen wäre.
10. Es hat daher die vom Dienstnehmer erstatteten Angaben und Beweismittel nicht näher gewürdigt und dazu keine Erhebungen - insbesondere beim Arbeitgeber (betreffend die inhaltliche Richtigkeit des Lohnzettels bzw das Zutreffen der Angaben des Dienstnehmers) - vorgenommen.
11. Dies muss das Finanzamt nun nachholen. Auch wenn keine Home-Office-Tage im Lohnzettel angeführt sind, können trotzdem Home-Office-Tage geleistet worden und somit die Angaben des Arbeitnehmers zutreffend sein.
BFG 17.01.2023, RV/7100074/2023
§ 26 Z 9 lit. a EStG 1988
So entschied das BFG:
1. Beim Lohnzettel handelt es sich um eine Privaturkunde.
2. Eine gegenüber anderen Beweismitteln erhöhte Beweiskraft oder gar eine formelle Bindungswirkung von Lohnzetteln ist dem Abgabenverfahrensrecht fremd (UFSW 1.10.2012, RV/0519-W/12).
3. Hinsichtlich ihrer inhaltlichen Richtigkeit unterliegen Privaturkunden der freien Beweiswürdigung (BFG 26.3.2014, RV/2100210/2012, mwN).
4. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer besteht keine Bindung an Feststellungen im Lohnsteuerverfahren, vielmehr ist die Einkommensteuerveranlagung von einem Lohnsteuerverfahren unabhängig (VwGH 22.9.2000, 98/15/0014; UFSW 8.3.2013, RV/1985-W/10).
5. Daraus folgt, dass die Voraussetzungen für den Abzug von Werbungskosten eigenständig zu ermitteln sind. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, bei dem es um die Geltendmachung von „Homeoffice-Werbungskosten“ geht, obwohl der Arbeitgeber – trotz seiner Verpflichtung – keine Homeoffice-Tage über den Jahreslohnzettel gemeldet hat.
6. Der Lohnzettel ist aufgrund der Eintragungen im Lohnkonto auszuschreiben, die Daten, die in das Lohnkonto einzutragen sind, ergeben sich aus § 76 Abs 1 EStG 1988 und der Lohnkontenverordnung 2006.
7. Im Ergebnis ist der Lohnzettel somit einem Kontoauszug vergleichbar.
8. Somit ist der Lohnzettel "eine zentrale Komponente zur Feststellung, Plausibilisierung und Nachvollziehbarkeit der Besteuerungsgrundlagen nach dem EStG", daraus folgt: "Für die Abgabenbehörde besteht aber keine Bindung an den Lohnzettel; er hat nur eine - wenn auch wesentliche - Indizwirkung".
9. Im vorliegenden Fall ist das Finanzamt somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass auf Grund des Umstandes, dass im Lohnzettel keine Home-Office-Tage ausgewiesen sind, (zwingend) von einem Nichtvorliegen solcher Tage auszugehen wäre.
10. Es hat daher die vom Dienstnehmer erstatteten Angaben und Beweismittel nicht näher gewürdigt und dazu keine Erhebungen - insbesondere beim Arbeitgeber (betreffend die inhaltliche Richtigkeit des Lohnzettels bzw das Zutreffen der Angaben des Dienstnehmers) - vorgenommen.
11. Dies muss das Finanzamt nun nachholen. Auch wenn keine Home-Office-Tage im Lohnzettel angeführt sind, können trotzdem Home-Office-Tage geleistet worden und somit die Angaben des Arbeitnehmers zutreffend sein.