26.08.2020, 18:16
Neuausschreibung für die Durchführung eines Busnahverkehrs – Betriebsübergang trotz Nichtübernahme von Betriebsmitteln
EuGH C-298/18 vom 27. Februar 2020
§ 3 Abs. 1 AVRAG
Richtlinie 2001/23
So entschied der EuGH:
1. Übernahm als Folge einer neu erfolgten Ausschreibung ein anderes als das bisherige Unternehmen die Durchführung des Busnahverkehrs und stellte dieses dabei freiwillig einen überwiegenden Teil der Busfahrer des Vorgängers ein, so kann rechtlich ein Betriebsübergang vorliegen, auch wenn kein einziger Bus und auch keine Betriebsstätte des Vorgängers übernommen wurden.
2. Im hier zu beurteilenden Fall stellten die Busse zwar wesentliche Betriebsmittel dar, die aber aus technischen Gründen (die Busse dürften ab der Erstzulassung nicht älter als 15 Jahre alt sein) sowie aus umweltrelevanten Gründen vom Nachfolger nicht hätten eingesetzt werden dürfen, sodass er (neue) Busse aus dem Eigenbestand für die Durchführung des Nahverkehrs einsetzte.
3. Der Umstand, dass es erfahrene Busfahrer gibt, kann in einer ländlichen Region entscheidend dafür sein, um die Qualität des betreffenden öffentlichen Verkehrsdienstes zu gewährleisten. Sie müssen demnach über ausreichende Kenntnisse der Linienführung und der Fahrpläne des bedienten Gebiets sowie der übrigen Regionalbuslinien, der Bahnlinien und der bestehenden Anschlüsse verfügen, um nicht nur den Fahrkartenverkauf sicherzustellen, sondern den Fahrgästen auch die für die geplante Fahrt erforderlichen Informationen zu geben.
4. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen kann.
5. Eine solche Einheit kann ihre Identität über ihren Übergang hinaus bewahren, wenn der neue Unternehmensinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiter-führt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernimmt, die sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte.
6. Denn dann erwirbt der neue Unternehmensinhaber eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaubt.
Praxisinformation:
Im vorliegenden Fall kämpften zwei Busfahrer erfolgreich für die höchstgerichtliche Feststellung, dass Betriebsübergang vorliegen könnte. Ob dann tatsächlich einer vor-liegt, muss noch die deutsche Gerichtsbarkeit endgültig entscheiden.
Ein Busfahrer wurde vom Betriebsvorgänger gekündigt und vom Nachfolger nicht eingestellt und der zweite wurde zwar eingestellt („übernommen“), aber dessen Vordienstzeiten wurden nicht berücksichtigt (nach deutschem Recht: der Fall stammte auch aus Deutschland), da der übernehmende Betrieb davon ausging, dass kein Betriebsübergang vorlag, weil man eben keine materiellen Betriebsmittel übernommen hatte.
Der EuGH sah das anders und zwingt somit das Deutsche Bundesarbeitsgericht möglicherweise dazu, seine zu einem ähnlichen Fall ergangene anderslautende Entscheidung bzw. Rechtsmeinung zu revidieren.
EuGH C-298/18 vom 27. Februar 2020
§ 3 Abs. 1 AVRAG
Richtlinie 2001/23
So entschied der EuGH:
1. Übernahm als Folge einer neu erfolgten Ausschreibung ein anderes als das bisherige Unternehmen die Durchführung des Busnahverkehrs und stellte dieses dabei freiwillig einen überwiegenden Teil der Busfahrer des Vorgängers ein, so kann rechtlich ein Betriebsübergang vorliegen, auch wenn kein einziger Bus und auch keine Betriebsstätte des Vorgängers übernommen wurden.
2. Im hier zu beurteilenden Fall stellten die Busse zwar wesentliche Betriebsmittel dar, die aber aus technischen Gründen (die Busse dürften ab der Erstzulassung nicht älter als 15 Jahre alt sein) sowie aus umweltrelevanten Gründen vom Nachfolger nicht hätten eingesetzt werden dürfen, sodass er (neue) Busse aus dem Eigenbestand für die Durchführung des Nahverkehrs einsetzte.
3. Der Umstand, dass es erfahrene Busfahrer gibt, kann in einer ländlichen Region entscheidend dafür sein, um die Qualität des betreffenden öffentlichen Verkehrsdienstes zu gewährleisten. Sie müssen demnach über ausreichende Kenntnisse der Linienführung und der Fahrpläne des bedienten Gebiets sowie der übrigen Regionalbuslinien, der Bahnlinien und der bestehenden Anschlüsse verfügen, um nicht nur den Fahrkartenverkauf sicherzustellen, sondern den Fahrgästen auch die für die geplante Fahrt erforderlichen Informationen zu geben.
4. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen kann.
5. Eine solche Einheit kann ihre Identität über ihren Übergang hinaus bewahren, wenn der neue Unternehmensinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiter-führt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernimmt, die sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte.
6. Denn dann erwirbt der neue Unternehmensinhaber eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens auf Dauer erlaubt.
Praxisinformation:
Im vorliegenden Fall kämpften zwei Busfahrer erfolgreich für die höchstgerichtliche Feststellung, dass Betriebsübergang vorliegen könnte. Ob dann tatsächlich einer vor-liegt, muss noch die deutsche Gerichtsbarkeit endgültig entscheiden.
Ein Busfahrer wurde vom Betriebsvorgänger gekündigt und vom Nachfolger nicht eingestellt und der zweite wurde zwar eingestellt („übernommen“), aber dessen Vordienstzeiten wurden nicht berücksichtigt (nach deutschem Recht: der Fall stammte auch aus Deutschland), da der übernehmende Betrieb davon ausging, dass kein Betriebsübergang vorlag, weil man eben keine materiellen Betriebsmittel übernommen hatte.
Der EuGH sah das anders und zwingt somit das Deutsche Bundesarbeitsgericht möglicherweise dazu, seine zu einem ähnlichen Fall ergangene anderslautende Entscheidung bzw. Rechtsmeinung zu revidieren.