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KV Taggelder Entgelt gem. § 3 LSDBG ??
#1
mir ist so als wären Taggelder, die im KV geregelt sind (Bau) nun auch vom Entgeltsbegriff erfasst - finde dazu aber nichts - bitte um Hilfe ob es da aktuelle Infos wo gibt
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#2
Tagesgelder, auf die ein Rechtsanspruch aufgrund des Kollektivvertrages besteht, zählen mal grundsätzlich zur Gattung der "Aufwandsersätze".

Sollte ein Tagesgeld der Höhe nach steuerpflichtig und damit auch sv-pflichtig sein, weil es den relevanten Steuerfreibetrag überschreitet, so wird von Prüferseite die Ansicht vertreten, dass ein Nichtgewähren der vollen Höhe, die Gefahr der "strafbaren Unterentlohnung" auslöst. 

Meiner persönlichen Ansicht nach ist dieser Schluss nicht korrekt, weil § 29 Abs. 1 LSD-BG ziemlich eindeutig auf das arbeitsrechtliche Entgelt abstellt und dabei aber jene Arbeitgeberleistungen ausklammert, die gemäß § 49 Abs. 3 ASVG beitragsfrei sind. Die Systematik ist aber auch hier so zu verstehen, dass zuerst ein arbeitsrechtliches Entgelt vorliegen muss, aber jenes arbeitsrechtliche Entgelt, welches sv-frei ist, dabei nicht "zählt" (zB Schmutzzulagen oder kollektivvertragliches Krankenentgelt, welches ein ÖGK-Krankengeld begleitet).

§ 29 Abs. 2 LSD-BG stellt zudem noch klar, unter welchen Umständen die "tätige Reue" auch tatsächlich anzuerkennen ist (also das Nachzahlen offener Mindestentgelte vor einer Überprüfung). Hier wird nämlich verlangt, dass sämtliche offenen Mindestentgelte (also auch jene, welche nach § 49 Abs. 3 ASVG sv-frei wären, also zB. Schmutzzulagen oder KV-Krankenentgelte unter 50 %) nachbezahlt werden müssen.

Dass Tagesgelder arbeitsrechtlich Aufwandsersätze darstellen, ergibt sich aus der höchstgerichtlichen Judikatur. Somit scheiden diese von vorneherein bei dieser Betrachtung aus.

Damit aber ein Aufwandsersatz zum Tagesgeld wird, muss - ebenfalls nach der Rechtsprechung - von Arbeitnehmerseite behauptet werden, dass sein Tagesgeld höher ist als der Aufwand, den er zu tragen hatte. Der Arbeitgeber kann dann, was schwierig ist, das Gegenteil beweisen. Für diesen Fall - also für den Fall, dass ein Arbeitnehmer diese Behauptung aufstellt - darf man vereinfacht von der These ausgehen, dass alles, was über den steuerlichen Freibetrag hinausgeht (also zB über die € 26,40) grundsätzlich als arbeitsrechtliches Entgelt zu werten ist (aber Voraussetzung ist diese Behauptung durch den Arbeitnehmer).

Dass diese rechtliche Wertung im Falle des LSD-BG über den Haufen geworfen wäre, kann ich - ehrlich gesagt - nicht bestätigen, geht aber wohl auf den etwas oberflächlichen Gegenschluss (den ich oben geschildert habe) zurück, den offenbar auch das BMA so unterstützt.

Ergo: ratsam ist es nicht, hier eine Unterentlohnung zu riskieren und man wird wohl - wenn einem das Angebot auf Nachzahlung durch die prüfende Behörde gelegt wird, damit keine Anzeige erstattet wird - dies wohl praktisch annehmen. Wenn aber eine Anzeige und damit ein Verfahren läuft, dann sehe ich die besten Chancen für eine Aufhebung, weil aus meiner Sicht die Argumentation der Einschätzung als arbeitsrechtliches Entgelt nicht halten wird.

Zudem habe ich in der Ausgabe Nr. 9/2021 meines LV-Magazines WIKU-Personal aktuell in Artikel Nr. 230/2021 ein VwGH-Erkenntnis genau zu einem derartigen Thema kommentiert, bei dem es zwar praktisch um eine Inbound-Entsendung ging und um die Frage, ob strafbare Unterentlohnung vorliegt, aber im Ergebnis der VwGH meine Ansicht bestätigt. Es folgt der Artikel, den ich verfasst habe:

Die Mär vom Lohndumping, wenn beitragspflichtiges Taggeld nicht bezahlt wurde

VwGH Ra 2020/11/0179 vom 15. Februar 2021

§ 29 Abs. 1 LSD-BG

Das Erkenntnis des VwGH:

1. Ein Taggeld zählt dann NICHT zum Mindestentgelt, wenn von ihm keine Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen sind bzw. auch dann nicht, wenn es nicht zur  Erstattung für infolge der Entsendung tatsächlich entstandene Kosten wie zB Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten gezahlt wird.
2. Dazu müsste die Behörde einerseits feststellen, welche Kosten, die dem bzw. der jeweilige/n Arbeitnehmer/in betreffend die Hin- und Rückreise, dessen/deren Unterbringung und dessen/deren Verpflegung erwuchsen, von Arbeitgeberseite tatsächlich übernommen wurden und andererseits wie hoch diese Taggelder waren und welchem Zweck sie konkret dienten.

WIKU-Praxisanalyse:

Dieses Erkenntnis zeigt – übrigens nicht zum ersten Mal – Folgendes auf:

Der sv-freie Teil eines Taggeldes ist schon mal von Haus kein tauglicher Ausgleich für ein der Höhe nach ungenügend bezahltes Mindestentgelt. Umgekehrt ist es so, dass wenn man dem bzw. der Arbeitnehmer/in so ein Taggeld vorenthält, dann liegt ohne Zweifel keine strafbare Unterentlohnung im Sinne des LSD-BG vor.

Die Mär vom „Lohndumping“ betreffend vorenthaltenem sv-pflichtigen Taggeld (also zB jenem Taggeldanteil, der über die steuerfreien Betragsteile – zB € 26,40 hinausgeht) wird durch dieses Erkenntnis auch als solche „entlarvt“, weil es – folgt man dem VwGH - zum einen auf Zweck und Bestimmung der Zahlung (des Taggeldes) ankommt (zB Aufwands-ersatz) und zum anderen auf die Feststellung, welche Kosten dem bzw. der Arbeitnehmer/in auch tatsächlich durch den auswärtigen Einsatz erwachsen.

Die simple von Behörden praktizierte Feststellung, dass wenn ein Taggeld(anteil), der sv-pflichtig wäre, nicht bezahlt wurde, dies automatisch als Lohndumping zu qualifizieren wä-re, lässt sich wohl spätestens nach diesem VwGH-Erkenntnis nicht länger aufrecht erhalten.

Ist in einem konkreten Fall erwiesen, dass mit einer derartigen Zahlung tatsächlich ein Aufwand, der durch die auswärtige Tätigkeit entstanden ist, abgegolten würde, dann läge ein Aufwandsersatz vor, der – nur weil er teilweise sv-pflichtig ist – nicht zum Mindestentgelt zu zählen ist. Wird Derartiges vorenthalten, so ist dies zwar rechtlich verwerflich, aber nicht automatisch ein Lohndumping-Delikt.

Dies festzustellen ist Sache der Behörde.
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