15.03.2022, 19:16
Verschmelzung ist Betriebsübergang – stichtagsbezo-gene Differenzierung von Ansprüchen vor Betriebs-übergang
OGH 9 ObA 129/21t vom 15. Dezember 2021
§ 3 AVRAG
So entschied der OGH:
1. Auch eine Verschmelzung gilt als „Betriebsübergang“, wodurch auch hier die Regelungen des AVRAG zu Betriebsübergängen und die hierzu ergangene Judikatur an-zuwenden sind.
2. Regelte der Kollektivvertrag jenes Unternehmens, welches mit einem anderen Unter-nehmen verschmolzen wurde (also der Kollektivvertrag des „abgebenden Unternehmens“), keine Dienstalterszulage, sehr wohl aber der Kollektivvertrag jenes Unternehmens, mit welchem die Verschmelzung erfolgt war (also der Kollektivvertrag des aufnehmenden Unternehmens) und der dann ab dem Zeitpunkt dieses Betriebsüberganges maßgeblich war, so gelten diese Regelungen grundsätzlich auch für die „übernommenen Arbeitnehmer*innen“.
3. Die beim Veräußerer verbrachten Dienstzeiten sind aufgrund des § 3 Abs 1 AVRAG so zu berücksichtigen, wie wenn sie beim neuen Arbeitgeber verbracht worden wären.
4. Davon zu unterscheiden ist aber, ob eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern im Rahmen der Neuordnung eines Gehaltsschemas eines Kollektivvertrags aus Gründen des Vertrauensschutzes mittels einer Stichtagsregelung besser gestellt werden kann („Stammarbeiter“) als neu eintretende Arbeitnehmer.
5. Mit Stichtagsregelungen werden für – in den Geltungsbereich einer alten Regelung fallende – Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche weiter aufrecht erhalten.
6. Stichtagsregelungen können als Fortwirken einer vormals abstrakt abgefassten begünstigenden Regelung verstanden werden und bewirken, dass die von ihnen betroffene Arbeitnehmergruppe bestimmbar und abgeschlossen ist.
7. Die Zulässigkeit von Stichtagsregelungen wird nach ständiger Rechtsprechung bejaht, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz den Arbeitgeber nicht daran hindert, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen ab einem bestimmten Zeitpunkt den in Betracht kommenden Arbeitnehmern nicht mehr zu gewähren.
8. Stellte die Dienstalterszulagenregelung des Kollektivvertrages des aufnehmenden Betriebes lediglich eine Option für Arbeitnehmer*innen dar, die vor dem 1.1.1999 im betreffenden Unternehmen beschäftigt waren und die nicht per 1.1.1999 ins neu geschaffene Gehaltsschema wechseln wollten, so konnte diese Regelung für „später“ hin-zugekommene Arbeitnehmer*innen keine Rechtswirkung entfalten.
9. Zwar war der Arbeitnehmer bereits vor dem 1.1.1999 in jenem Unternehmen beschäftigt, welches durch Verschmelzung „übernommen“ wurde, der Rechtsakt der Verschmelzung fand allerdings erst mit 1.1.2011 statt, sodass ohnedies das neue Gehaltsschema zur Anwendung gelangt war und somit die Dienstalterszulage (die im Übrigen nach einer 20jährigen ununterbrochenen Beschäftigung zur Auszahlung gelangt war) nicht zustand.
10. Die Regelungen des § 3 AVRAG (Eintrittsautomatik) sollen Rechtsansprüche bewahren, können jedoch keine Rechtsansprüche schaffen.
OGH 9 ObA 129/21t vom 15. Dezember 2021
§ 3 AVRAG
So entschied der OGH:
1. Auch eine Verschmelzung gilt als „Betriebsübergang“, wodurch auch hier die Regelungen des AVRAG zu Betriebsübergängen und die hierzu ergangene Judikatur an-zuwenden sind.
2. Regelte der Kollektivvertrag jenes Unternehmens, welches mit einem anderen Unter-nehmen verschmolzen wurde (also der Kollektivvertrag des „abgebenden Unternehmens“), keine Dienstalterszulage, sehr wohl aber der Kollektivvertrag jenes Unternehmens, mit welchem die Verschmelzung erfolgt war (also der Kollektivvertrag des aufnehmenden Unternehmens) und der dann ab dem Zeitpunkt dieses Betriebsüberganges maßgeblich war, so gelten diese Regelungen grundsätzlich auch für die „übernommenen Arbeitnehmer*innen“.
3. Die beim Veräußerer verbrachten Dienstzeiten sind aufgrund des § 3 Abs 1 AVRAG so zu berücksichtigen, wie wenn sie beim neuen Arbeitgeber verbracht worden wären.
4. Davon zu unterscheiden ist aber, ob eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern im Rahmen der Neuordnung eines Gehaltsschemas eines Kollektivvertrags aus Gründen des Vertrauensschutzes mittels einer Stichtagsregelung besser gestellt werden kann („Stammarbeiter“) als neu eintretende Arbeitnehmer.
5. Mit Stichtagsregelungen werden für – in den Geltungsbereich einer alten Regelung fallende – Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche weiter aufrecht erhalten.
6. Stichtagsregelungen können als Fortwirken einer vormals abstrakt abgefassten begünstigenden Regelung verstanden werden und bewirken, dass die von ihnen betroffene Arbeitnehmergruppe bestimmbar und abgeschlossen ist.
7. Die Zulässigkeit von Stichtagsregelungen wird nach ständiger Rechtsprechung bejaht, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz den Arbeitgeber nicht daran hindert, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen ab einem bestimmten Zeitpunkt den in Betracht kommenden Arbeitnehmern nicht mehr zu gewähren.
8. Stellte die Dienstalterszulagenregelung des Kollektivvertrages des aufnehmenden Betriebes lediglich eine Option für Arbeitnehmer*innen dar, die vor dem 1.1.1999 im betreffenden Unternehmen beschäftigt waren und die nicht per 1.1.1999 ins neu geschaffene Gehaltsschema wechseln wollten, so konnte diese Regelung für „später“ hin-zugekommene Arbeitnehmer*innen keine Rechtswirkung entfalten.
9. Zwar war der Arbeitnehmer bereits vor dem 1.1.1999 in jenem Unternehmen beschäftigt, welches durch Verschmelzung „übernommen“ wurde, der Rechtsakt der Verschmelzung fand allerdings erst mit 1.1.2011 statt, sodass ohnedies das neue Gehaltsschema zur Anwendung gelangt war und somit die Dienstalterszulage (die im Übrigen nach einer 20jährigen ununterbrochenen Beschäftigung zur Auszahlung gelangt war) nicht zustand.
10. Die Regelungen des § 3 AVRAG (Eintrittsautomatik) sollen Rechtsansprüche bewahren, können jedoch keine Rechtsansprüche schaffen.