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Nochmals: zur Indexierung des FABO Plus - Schwerpunkt "Hochpreisländer"
#1
In dem von mir betreuten Fachforum haben wir in den letzten Tagen dieses Thema relativ intensiv behandelt. Dabei habe ich dann auch noch das Thema "Hochpreisländer" über Anregung von Softwareherstellern näher betrachtet. Dieses Thema hat es wirklich in sich:

Der Reihe nach:

1. Der EuGH entschied Mitte Juni 2022, dass diese Indexierung gemeinschaftswidrig war (nämlich in allen Bereichen: Familienbeihilfe, Familienbonus PLUS, Kinderabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Kindermehrbetrag).

2. Praktisch problematisch waren natürlich zuerst einmal die "Niedrigpreisländer", weil in Bezug auf Arbeitnehmer:innen, die in Österreich erwerbstätig sind und deren Kinder in einem dieser Länder leben oder lebten, im Vergleich zu den Österreich-Werten zu wenig ausbezahlt wurde. Betroffen waren die Länder Bulgarien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn oder Zypern

3. In Bezug auf "Hochpreisländer" wurde zwar die Beschwerde nicht vor den EuGH direkt gebracht, dem Urteil ist aber zu entnehmen, dass auch die höheren Werte nicht EU-konform sind bzw. waren und daher lag es nun am österreichischen Gesetzgeber, diese Werte auf "Österreich-Niveau" abzusenken. Dies geschieht per 1.8.2022.

4. Was aber im Bereich der "Hochpreisländer" für die Zeit von 1.1.2022 bis 31.7,2022 zu berücksichtigen ist, treibt die Softwarehersteller endgültig in den Wahnsinn:

4.1. Der österreichische FABO PLUS wurde ja rückwirkend per 1.1.2022 angehoben.

4.2. Gemäß einem Gesetz, das vom Bundesrat beschlossen wurde, jedoch derzeit (23.07.2022) noch nicht im Bundesgesetzblatt verlautbart ist, und mit dem das EStG 1988 sowie das FLAG genau wegen des EuGH-Urteils angepasst werden müssen, sind die gesetzlichen Regelungen zur Indexierung für die "Hochpreisländer" noch bis 31.07.2022 anzuwenden (§ 124b Z 410 lit. c EStG 1988):

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV...ndex.shtml

4.3. Aus Anlass der mit 1.7.2022 ursprünglich geplant gewesenen Erhöhung des FABO Plus kam es auch im Mai 2022 zu einer Neuverlautbarung der Familienbonus Plus-Absetzbeträge-EU-Anpassungsverordnung:

https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/II/2022/193/20220523


4.4. Diese Verordnungsänderung betrifft nur den FABO PLUS (aus LV-Sicht; auch der Kindermehrbetrag ist dort enthalten, der die Veranlagung betrifft, nicht jedoch AVAB/AEAB und auch nicht Kinderabsetz- bzw. Unterhaltsabsetzbetrag, weil es dort ja bei den österreichischen Werten zu keinen Änderungen kam):

https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/II/2022/193/20220523

4.5. Diese Verordnung gilt derzeit erst mit Wirkung ab 1.7.2022 und nicht rückwirkend mit 1.1.2022.

4.6. Nun kann es durchaus sein, dass im Zuge der Verlautbarung der unter 4.2. dargestellten geplanten (und sowohl vom National-als auch vom Bundesrat bereits beschlossenen) Gesetzesänderung im Bundesgesetzblatt  dann noch am selben Tag oder wenige Tage danach auch die unter 4.3 und 4.4 dargestellte Verordnung geändert wird und das Inkrafttreten auf den 1.1.2022 rückwirkend vorverlegt wird (was dann aber wohl auch nur für die Hochpreisländer eine Auswirkung haben kann). Dazu haben wir derzeit leider keinerlei Informationen. Dann würden nämlich in Bezug auf die Hochpreisländer (Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz oder Vereinigtes Königreich) die unter Punkt 4.4. dargestellten Werte auch rückwirkend ab 1.1.2022 bis inklusive 31.07.2022 Gültigkeit erlangen (Aufrollung).

4.7. Falls die Verordnung aber nicht angepasst werden sollte (das Heikle dabei ist ja, eine Verordnung zu einem Zeitpunkt zu ändern, zu dem  der EuGH längst entschieden hat, dass die Indexierungen nach oben und nach unten gemeinschaftswidrig sind, also können die "Betroffenen" die höheren Werte juristisch wohl nicht geltend machen), dann würde dies bedeuten, dass für die Zeit von 1.1. bis 30.6.2022 die "alten indexierten Werte" anzuwenden sind.

4.8. Dies wiederum hätte in Bezug auf 9 von 12 Ländern die Konsequenz, dass man für die Zeit von 1.1. bis 30.06. die neuen österreichischen Werte heranziehen müsste, weil die "alten indexierten Werte" unterhalb der neuen österreichischen Werte liegen und daher sonst die nächste Gemeinschaftswidrigkeit erzeugt würde. Dies betrifft die Länder Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Schweden sowie Vereinigtes Königsrecht.

4. 9. In Bezug auf die restlichen drei Hochpreisländer (Island, Norwegen und Schweiz) müssten für die Zeit von 01.01.2022 bis 30.06.2022 keine Anpassungen vorgenommen werden, da hier die alten indexierten Werte sogar höhere Werte ergaben als die erhöhten österreichischen Werte.

4.10. Gesetzt den Fall, eine Anpassung der Verordnung bliebe aus, dann wäre tatsächlich nur in Bezug auf diesen einen Kalendermonat (Juli 2022) für alle 12 Hochpreisländer der neue indexierte Wert heranzuziehen.

4.11. Für die Zeit ab 1.8.2022 (und das ist ganz sicher) gelten hier die österreichischen Werte, sodass es ab diesem Datum nicht mehr darauf ankommt, in welchem Land ein Kind lebt (abgesehen vom Umstand, dass es in Bezug auf Kinder, die in Drittstaaten leben, diese Leistungen überhaupt nicht gibt).

4.12. Das Problem ist: eine Verordnung gilt, solange sie der Verordnungsgeber (hier: das BMF) nicht aufhebt oder endet oder solange sie nicht vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Es ist leider im Moment nicht möglich, leichtfertig zu sagen, dass man das Inkrafttreten einfach ignorieren soll. Das kann sehr unangenehme Folgewirkungen haben.

4.13. Ich gehe davon aus, dass wir diese Frage vermutlich bis Ende Juli 2022 gelöst haben werden, nämlich, wenn die Bundesgesetzblätter verlautbart wurden, was natürlich aus Softwareherstellersicht viel zu knapp ist.

Mein Freund und Kollege, Mag. Rainer Kraft (Vorlagenportal), mit dem ich ja seit vielen Jahren alle Höhen und Tiefen (mehr Tiefen als Höhen) der Lohnverrechnung gemeinsam durchleide, hat diese unangenehme Rechtslage praktisch im selben Sinne - wie ich - beurteilt (aber mit allen möglichen Vorbehalten, weil auch uns der Blick in die Zukunft verwehrt ist) und - frei zugänglich - alles nochmals sehr übersichtlich zusammengefasst, zusammen mit einer Excel-Tabelle, welche die unterschiedlichen Werte in Bezug auf die Länder wiedergibt.

Zu diesem frei  zugänglichen Beitrag geht es hier:

https://www.vorlagenportal.at/dokumente/...rung-2022/
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