10.09.2021, 09:47
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.09.2021, 10:50 von Wilhelm Kurzböck - WIKU.)
Die Frage, ob die Übernahme eines Arbeiters bzw. einer Arbeitnehmerin in ein Angestellten-Dienstverhältnis die Dienstzeitenzählung für die Entgeltsfortzahlung wieder von vorne laufen lässt oder unverändert weiterlaufen lässt, hat der Oberste Gerichtshof soeben beantwortet.
In dieser Entscheidung (OGH 9 ObA 72/21k vom 28.07.2021) wurde Folgendes festgehalten:
§ 8 Abs 1 AngG ist so auszulegen ist, dass als „Dienstzeiten“ grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber gelten, also auch Zeiten des Arbeitnehmers als Arbeiter. Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeiter- und Angestelltendienstzeiten ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 8 AngG, der nicht einschränkend auf „Dienstzeiten als Angestellter“ abstellt, noch aus der mit der Gesetzesänderung BGBl I 2017/153 verfolgten Intention des Gesetzgebers, das Entgeltfortzahlungsrecht der Angestellten und Arbeiter anzugleichen.
Praxisanmerkung:
Nach dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass
1. Arbeiterdienstzeiten, die dem Angestelltendienstverhältnis zum selben Dienstgeber unmittelbar vorausgehen, aus gesetzlicher Sicht mitzuberücksichtigen sind (Kollektivverträge können hier aber aus Arbeitnehmersicht Besserstellungen vorsehen) sowie dass
2. Lehrzeiten, die dem Angestelltendienstverhältnis vorausgehen, ebenfalls zu berücksichtigen sind (sämtliche Zeiten,.... auch Arbeiterdienstzeiten; der OGH bezieht sich auf einen Kommentar - Zeller Handbuch zum Arbeitsrecht - wo auch genau dieser Schluss, nämlich dass auch die Zeiten des vorangegangenen Lehrverhältnisses zu berücksichtigen sind, gezogen wird; angemerkt werden darf, dass es in diesem Verfahren jedoch nicht um die Frage der Berücksichtigung von vorangegangenen Lehrzeiten ging; bis dato war lediglich unumstritten, dass diese bei der Entgeltsfortzahlung der Arbeiter*innen zu berücksichtigen sind).
3. Inwieweit diese Betrachtungen dann auch auf das nicht minder umstrittene Rechtsfeld der Kündigungen anzuwenden sein wird, ist im Moment nicht leicht abzuschätzen, da der OGH (allerdings in einem Nebensatz, von Juristen "obiter" genannt) vor vielen Jahren meinte, dass in Bezug auf die Dienstjahresstaffelung bei den Angestellten nur Angestelltenzeiten beim selben Arbeitgeber zählten (OGH 8 ObS 291/00s). Sieht man sich aber die "Intentionen des Gesetzgebers" auch für diesen Bereich an, so wird dieses "obiter" aktuell nur noch sehr schwer aufrecht erhalten können und werden die besseren Argumente für eine analoge Anwendung der nun entschiedenen Grundsätze im Bereich der Entgeltsfortzahlung auch für die Kündigungsfristen gelten müssen. Allenfalls wird dies noch vom OGH zu entscheiden sein. Argumente, die gegen eine derartige Gleichstellung sprechen, werden wohl nicht leicht auszumachen sein.
In dieser Entscheidung (OGH 9 ObA 72/21k vom 28.07.2021) wurde Folgendes festgehalten:
§ 8 Abs 1 AngG ist so auszulegen ist, dass als „Dienstzeiten“ grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber gelten, also auch Zeiten des Arbeitnehmers als Arbeiter. Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeiter- und Angestelltendienstzeiten ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 8 AngG, der nicht einschränkend auf „Dienstzeiten als Angestellter“ abstellt, noch aus der mit der Gesetzesänderung BGBl I 2017/153 verfolgten Intention des Gesetzgebers, das Entgeltfortzahlungsrecht der Angestellten und Arbeiter anzugleichen.
Praxisanmerkung:
Nach dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass
1. Arbeiterdienstzeiten, die dem Angestelltendienstverhältnis zum selben Dienstgeber unmittelbar vorausgehen, aus gesetzlicher Sicht mitzuberücksichtigen sind (Kollektivverträge können hier aber aus Arbeitnehmersicht Besserstellungen vorsehen) sowie dass
2. Lehrzeiten, die dem Angestelltendienstverhältnis vorausgehen, ebenfalls zu berücksichtigen sind (sämtliche Zeiten,.... auch Arbeiterdienstzeiten; der OGH bezieht sich auf einen Kommentar - Zeller Handbuch zum Arbeitsrecht - wo auch genau dieser Schluss, nämlich dass auch die Zeiten des vorangegangenen Lehrverhältnisses zu berücksichtigen sind, gezogen wird; angemerkt werden darf, dass es in diesem Verfahren jedoch nicht um die Frage der Berücksichtigung von vorangegangenen Lehrzeiten ging; bis dato war lediglich unumstritten, dass diese bei der Entgeltsfortzahlung der Arbeiter*innen zu berücksichtigen sind).
3. Inwieweit diese Betrachtungen dann auch auf das nicht minder umstrittene Rechtsfeld der Kündigungen anzuwenden sein wird, ist im Moment nicht leicht abzuschätzen, da der OGH (allerdings in einem Nebensatz, von Juristen "obiter" genannt) vor vielen Jahren meinte, dass in Bezug auf die Dienstjahresstaffelung bei den Angestellten nur Angestelltenzeiten beim selben Arbeitgeber zählten (OGH 8 ObS 291/00s). Sieht man sich aber die "Intentionen des Gesetzgebers" auch für diesen Bereich an, so wird dieses "obiter" aktuell nur noch sehr schwer aufrecht erhalten können und werden die besseren Argumente für eine analoge Anwendung der nun entschiedenen Grundsätze im Bereich der Entgeltsfortzahlung auch für die Kündigungsfristen gelten müssen. Allenfalls wird dies noch vom OGH zu entscheiden sein. Argumente, die gegen eine derartige Gleichstellung sprechen, werden wohl nicht leicht auszumachen sein.