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Wird nun bei der Kündigung das "Saisonprivileg" abserviert? Zahlen, bitte!
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Wird nun bei der Kündigung das "Saisonprivileg" ab-serviert? Zahlen, bitte!

OGH vom 14.02.2024, 9 ObA 38/23p
§ 1159 ABGB

Nachdem ich ja meine Artikel in erster Linie für die „Welt der Personalverrechnung“ und die noch verbliebenen wackeren Kämpfer für Gerechtigkeit in eben diesem Gebiet schreibe, sei mir bei der Darstellung des Nachstehenden erlaubt, mich auch aus deren Sichtweise zu artikulieren.

In Bezug auf Beendigungen seit dem 1.10.2021 kam es ja zu einer „Nahezu“-Anpassung der Kündigungsregelungen von Arbeiterinnen und Arbeitern an das Recht der Angestellten. Dies wurde im Wesentlichen durch Änderungen in § 1159 ABGB vollzogen, nachdem das Gesetz selber im Herbst des Jahres 2017 im Bundesgesetzblatt erschienen war. Man könnte es auch den „langen Abschied“ nennen.

Was die einen als „längst fällig“ lobten, beschimpften die anderen als „Wahnsinns-Belastung“ (wie gesagt: das Ohr der Personalverrechnerinnen und Personalverrechner hört ja immer beides und darf sich dann entweder gelobt oder beschuldigt fühlen).

Allerdings macht uns eben dem Herbst 2017, aber allerspätestens seit Herbst 2021 eine Ausnahmeregelung zu schaffen, die – oberflächlich betrachtet – irgendwie verständlich erscheint, aber im Detail betrachtet rechtlich äußerst problematisch ist.

Sinngemäß sollten die Kollektivvertragspartner dort Ausnahmen von den neuen gesetzlichen Regelungen zulassen können, wenn der Kollektivvertrag überwiegend Saisonbetriebe umfassen sollte (wie gesagt: sinngemäß).

In manchen Branchen hatte man sich überraschend schnell über den Status „Saisonausnahme“ geeinigt (zB im Güterbeförderungsgewerbe), aber in einer Branche, die sogar in den Gesetzeserläuterungen als Beispiel für „Saisonausnahme“ genannt wurde, nämlich dem Gastgewerbe, konnten und wollten sich die KV-Partner nicht einigen.

Daher wissen wir nun seit rund 2,5 Jahren im Gastgewerbe nicht, wie dort die Kündigungs-regeln tatsächlich lauten (ich meine „objektiv“ und nicht ideologisch eingefärbt; denn nach letzterer Facon ist natürlich jeweils „klar“, wie die Rechtslage aussieht; wie gesagt: das Ohr einer Personalverrechnerin bzw. eines Personalverrechners hört da immer von beiden Seiten die „gescheiten Aussagen“ und darf sich immer hin- und herschupsen lassen).

Nachdem der OGH schon in zwei Verfahren festgestellt hat, dass er die Frage, welche Kündigungsregeln tatsächlich gelten (jene des Kollektivvertrages: 2 Wochen ohne Frist oder jene des Gesetzes ohne Ausnahme = Quartalskündigung, längere Fristen und bei Vereinbarung zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats), mangels detailliert erhobener Daten zur Frage „wann spricht man wirklich von Saison und wie weiß man, ob es innerhalb eines KV-Bereiches ein Überwiegen der Mitgliedsbetriebe gibt, keine Feststellungen treffen kann, hat es ihm nun offenbar gereicht. Nachdem auch Unstimmigkeiten darüber aufge-treten waren, wer nun was beweisen muss, hat er aus Anlass eines aktuellen Verfahrens die Notbremse gezogen und einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt.

Vereinfacht gesagt (und da stimme ich ihm zu), ist diese „Ausnahmebestimmung“ zum einen und der „Saisonbegriff“ zum anderen einfach zu unbestimmt. Weiters könnten von einer Ausnahme dann auch Betriebe profitieren, bei denen der Saisonstatus nicht zutrifft, weil der überwiegende Teil der anderen Betriebe (der „Konkurrenz“) unter den Saisonstatus fällt. Das wäre nach Ansicht des OGH nicht sachlich

Was sind nun die „möglichen Konsequenzen“ dieses Schrittes durch den OGH?

1. VfGH ist der Meinung, dass eh alles „easy cheesy“ ist und wir uns alle nicht so doof anstellen sollen und weist den Antrag ab.

2. Der VfGH hebt die relevanten Regelungen des § 1159 ABGB auf und sorgt dafür, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter wieder dort sind, wo sie vor dem 1.10.2021 waren und da-her die Angleichung oder Anpassung (zumindest aus gesetzlicher Sicht) in Trümmern liegt. Hier ist dann mit einer Gesetzesreparatur zu rechnen (wie immer die dann aussieht).

3. Möglich wäre es aber auch, dass man einfach die Saisonausnahmeregelung kippt und daher dort keine Verschlechterungen für die tätige Arbeiterschaft bei der Kündigung mehr erlaubt sind.

Man darf jedenfalls gespannt sein, wie diese Runde einer doch sehr unwürdigen Rechtsposse ausgehen wird. Im Falle von Aufhebungen ist dann aber nicht nur das Gastgewerbe betroffen, so viel ist sicher. Mit einer Entscheidung ist im Herbst 2024 zu rechnen.
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