19.08.2020, 12:01
Insolvenzeröffnung über Arbeitgeber/in während Mutterschutz - aufrechte Beschäftigung zum Geburtszeitpunkt des Kindes - Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld
OGH 10 ObS 52/20z vom 26. Mai 2020
§ 24 Abs. 1 Z 2 KBGG
So entschied der OGH:
1. § 24 Abs 1 Z 2 KBGG verlangt als Anspruchsvoraussetzung für das "Kinderbetreuungsgeld als Ersatz für das Erwerbseinkommen" unter anderem, dass der beziehende Elternteil in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß § 24 Abs 2 KBGG war.
2. Nach § 24 Abs 2 KBGG (in der Fassung der Novelle BGBl I 2016/53) ist unter Erwerbstätigkeit im Sinne des KBGG „die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (kranken- und pensions-versicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit“ zu verstehen.
3. Der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind „Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 182 Kalendertage andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz … oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften“.
4. Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz sind den Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit somit dann gleichgestellt, wenn „zuvor“ eine mindestens 182 Kalendertage andauernde Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde.
5. Im Falle eines Beschäftigungsverbots beginnt der Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 2 KBGG 182 Kalendertage vor Beginn des Beschäftigungsverbots (10 ObS 5/14d SSV-NF 28/8).
6. Eine Gleichstellung erfolgt aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis während des Beschäftigungsverbots aufrecht bleibt, denn nur dann kann eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit „vorübergehend unterbrochen“ werden.
7. Beginnt etwa ein individuelles Beschäftigungsverbot der Schwangeren noch zur Zeit eines aufrechten Dienstverhältnisses, endet dieses aber aufgrund einer Vereinbarung bereits vor der Geburt, kann mangels einer bloß vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit nicht von einer durchgehenden Erwerbstätigkeit die Rede sein.
8 Im hier zu beurteilenden Fall steht fest, dass die Kindesmutter vor Antritt ihres vorzeitigen Mutterschutzes zumindest 182 Kalendertage lang einer pflichtversicherten Erwerbstätigkeit nachging, welche auch noch noch zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter aufrecht war.
9. Dass während des Beschäftigungsverbotes (Mutterschutz) über das Vermögen ihres Arbeitgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, berührte den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses nicht, sondern blieb mit allen Rechten und Pflichten unverändert aufrecht.
10. Die Masseverwalterin stellte die Arbeitnehmerin für die Dauer der Zeit nach dem Beschäftigungsverbot bis zum Ende der Kündigungsfrist dienstfrei.
11. Somit war aber das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch aufrecht und bestand noch knapp 7 Monate weiter, wenn auch im Zustand der Dienstfreistellung.
12. Somit bestand der Anspruch auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld zu Recht, weil zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter nach wie vor eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit bestand.
OGH 10 ObS 52/20z vom 26. Mai 2020
§ 24 Abs. 1 Z 2 KBGG
So entschied der OGH:
1. § 24 Abs 1 Z 2 KBGG verlangt als Anspruchsvoraussetzung für das "Kinderbetreuungsgeld als Ersatz für das Erwerbseinkommen" unter anderem, dass der beziehende Elternteil in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß § 24 Abs 2 KBGG war.
2. Nach § 24 Abs 2 KBGG (in der Fassung der Novelle BGBl I 2016/53) ist unter Erwerbstätigkeit im Sinne des KBGG „die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (kranken- und pensions-versicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit“ zu verstehen.
3. Der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind „Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 182 Kalendertage andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz … oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften“.
4. Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz sind den Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit somit dann gleichgestellt, wenn „zuvor“ eine mindestens 182 Kalendertage andauernde Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde.
5. Im Falle eines Beschäftigungsverbots beginnt der Beobachtungszeitraum des § 24 Abs 2 KBGG 182 Kalendertage vor Beginn des Beschäftigungsverbots (10 ObS 5/14d SSV-NF 28/8).
6. Eine Gleichstellung erfolgt aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis während des Beschäftigungsverbots aufrecht bleibt, denn nur dann kann eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit „vorübergehend unterbrochen“ werden.
7. Beginnt etwa ein individuelles Beschäftigungsverbot der Schwangeren noch zur Zeit eines aufrechten Dienstverhältnisses, endet dieses aber aufgrund einer Vereinbarung bereits vor der Geburt, kann mangels einer bloß vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit nicht von einer durchgehenden Erwerbstätigkeit die Rede sein.
8 Im hier zu beurteilenden Fall steht fest, dass die Kindesmutter vor Antritt ihres vorzeitigen Mutterschutzes zumindest 182 Kalendertage lang einer pflichtversicherten Erwerbstätigkeit nachging, welche auch noch noch zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter aufrecht war.
9. Dass während des Beschäftigungsverbotes (Mutterschutz) über das Vermögen ihres Arbeitgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, berührte den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses nicht, sondern blieb mit allen Rechten und Pflichten unverändert aufrecht.
10. Die Masseverwalterin stellte die Arbeitnehmerin für die Dauer der Zeit nach dem Beschäftigungsverbot bis zum Ende der Kündigungsfrist dienstfrei.
11. Somit war aber das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch aufrecht und bestand noch knapp 7 Monate weiter, wenn auch im Zustand der Dienstfreistellung.
12. Somit bestand der Anspruch auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld zu Recht, weil zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter nach wie vor eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit bestand.