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Tätlichkeit gegen Kollegen – Entlassungsgrund – Schicht fertig gearbeitet – keine Verwirkung des Entlassungsrechts
#1
OGH vom 31.08.2022, 9 ObA 48/22g

§ 27 Z 6 AngG



So entschied der OGH:



A) Tätlichkeit gegen Kollegen: Entlassungsgrund

1.    Nach § 27 Z 6 AngG ist als ein wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, anzusehen, wenn der Angestellte sich (ua) Tätlichkeiten gegen Mitbedienstete zu schulden kommen lässt.

2.    Eine Tätlichkeit in diesem Sinn ist jede schuldhafte, objektiv gegen den Körper gerichtete Handlung, wobei es auf die mit der Handlung verbundene Absicht grundsätzlich nicht ankommt.

3.    Wenn ein Angestellter einen Kollegen im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung angreift, würgt und auch verletzt, so verwirklicht dieses Verhalten den genannten Entlassungsgrund verwirklicht.



B) Aufforderung „die Schicht zu Ende zu arbeiten“ muss kein Verzicht auf das Entlassungsrecht sein:

4.    Wenn am Abend des Geschehens kein zur Entlassung Befugter anwesend war, dieser aber bereits am nächsten Tag in der Früh informiert wurde noch am selben Tag die Entlassung ausgesprochen.

5.    Dass zuvor den Beteiligten die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Sichtweise darzulegen, stellt keine Verzögerung dar, die geeignet war den Eindruck zu erwecken, dass die Angelegenheit nicht weiterverfolgt wird.

6.    Auch wenn der Sachverhalt nicht besonders komplex war und der Angestellte die Tätlichkeit auch sofort zugab, kann dem Arbeitgeber nicht vorgeworfen werden, dass die Personalverantwortlichen sich ein eigenes Bild vom Vorfall verschaffen wollten.

7.    Von einer zeitlichen Verspätung des Entlassungsausspruchs ist daher nicht auszugehen.

8.    Allein der Umstand, dass der stellvertretende Abteilungsleiter die Befugnis hatte, den Angestellten wegzuschicken, und sich stattdessen dafür entschied, die Schicht zu Ende arbeiten zu lassen, reicht für einen Verzicht auf das Entlassungsrecht nicht aus.

9.    Dem Angestellten musste bewusst sein, dass der stellvertretende Abteilungsleiter, der keine Entlassungsbefugnis hat, auch keine endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit treffen konnte und aus der Aufforderung die Schicht zu Ende zu arbeiten nicht auf eine endgültige Bereinigung der Angelegenheit geschlossen werden konnte oder darauf, dass eine Beschäftigung für die Dauer der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber zumutbar ist.
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