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Arbeitnehmerin wohnhaft in Österreich, tätig in der Schweiz – kein Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens
#1
Arbeitnehmerin wohnhaft in Österreich, tätig in der Schweiz – kein Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens

OGH vom 22.11.2022, 10 ObS 133/22i

§ 24 KBGG

Art. 11 VO 883/2004

Sachverhalt:

Anlass des vor dem OGH gelandeten Falls war eine Auseinandersetzung zwischen einer Arbeitnehmerin und der ÖGK wegen der Gewährung des „Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens“.

Während die Kindesmutter in Österreich wohnte, jedoch in der Schweiz als Arbeitnehmerin tätig war, war der Kindesvater, der im gemeinsamen Haushalt lebte, in Österreich erwerbstätig.

Die ÖGK lehnte die Bezahlung des Kinderbetreuungsgeldes ab, weil sie Österreich nach den in Frage kommenden EU-Regelungen als „unzuständig“ wähnte.

So entschied der OGH:

Der OGH bestätigte die Rechtsauffassung der ÖGK und lehnte das Begehren auf diese Leistung endgültig ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Nach Art 11 Abs 1 VO (EG) 883/2004 unterliegen Personen, für welche diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur EINES Mitgliedstaats.

2. Für Personen, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, sind dies die Rechtsvorschriften dieses Beschäftigungsstaats (Art 11 Abs 3 lit a VO [EG] 883/2004) und zwar unabhängig davon, wo die Person ih-ren Wohnsitz hat.

3. Im Fall einer in Österreich wohnhaften, jedoch in der Schweiz tätigen Arbeitnehmerin ist nach der Verordnung (iVm Art 1 Abs 2 des Anhangs II des Freizügigkeitsabkommens mit der Schweiz) somit die Schweiz der für die Erbringung und damit auch für einen Export nach Art 67 VO (EG) 883/2004 zuständige Mitgliedsstaat.

4. Da die Schweiz keine Leistung gewährt, welche mit dem „Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“ vergleichbar ist, scheidet auch die sogenannte „Familienbetrachtungsweise“ (Art. 60 der DVO) aus, nach welcher der in Österreich lebende und erwerbstätige Vater den Anspruch auf das „Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“ auslösen könnte.

5. Diese „Familienbetrachtung“ könnte nur dann eine Rolle spielen, wenn beide Länder (Schweiz und Österreich) miteinander vergleichbare Sozialleistungen gewähren würden (was aber – wie geschildert – im Falle der Schweiz betreffend das „Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“ nicht der Fall ist. In deinem derartigen Fall geht es darum zu vermeiden, dass Sozialleistungen kumuliert gewährt werden und kommen daher Prioritätsregeln der EU zur Anwendung, im Zuge welcher diese „Familienbetrachtung“ dazu führen kann, dass die Leistung „über den anderen Elternteil“ (hier: der Vater, der in Österreich lebt und in Österreich arbeitet) auch der Arbeitneh-merin ausnahmsweise zukommen.

6. Die in § 24 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 KBGG verankerte Regelung, wonach nur eine in Österreich ausgeübte sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit für den Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“ maßgeblich ist, ist hier nicht als unionswidrig anzusehen, weil hier die österreichischen Rechtsvorschriften von Haus aus nicht zur Anwendung kommen (weder vorrangig, noch nachrangig).

7. Somit bestand hier kein Anspruch auf das „Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“.
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