23.05.2024, 19:31
Schauspieler als Dienstnehmer – ja oder nein
VwGH vom 27.03.2024, Ra 2021/13/0122
§ 47 Abs. 1 EStG 1988
So entschied der VwGH:
1. Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis - soweit hier von Bedeutung - vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
2. Dieser Legaldefinition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die (nicht bloß sachliche, sondern persönliche) Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.
3. Nur in Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos und der Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen (vgl. dazu ausführlich VwGH 12.9.2018, Ra 2017/13/0041 = WPA 15/2019, Artikel Nr. 378/2019).
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in diesem Zusammenhang bereits mehrfach mit der Frage der ertragsteuerlichen Beurteilung der Tätigkeit reproduzierender Künstler (zu denen grundsätzlich auch Schauspieler zu zählen sind) beschäftigt und dazu festgehalten, dass bei diesen die Ausübung ihrer künstlerischen Tätigkeit - die grundsätzlich selbständiger Art ist - typischerweise eine verhältnismäßig starke organisatorische Eingliederung erforderlich macht.
5. Dementsprechend kommt der - in der Natur der Sache liegenden - Bindung der Künstler an Zeit, Ort, Programm usw. der jeweiligen Veranstaltung bzw. Aufführung, sowie an bestimmten Verhaltensvorgaben bei Proben und Aufführungen keine entscheidende Bedeutung zu.
6. Ebenso wenig entscheidend ist die fehlende Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, weil künstlerische Leistungen ihrer Natur grundsätzlich nach als unvertretbar anzusehen sind. Entscheidendes Gewicht für die Abgrenzung selbständiger von unselbständigen Tätigkeiten hat in diesen Fällen daher - in der Regel - das Unternehmerrisiko.
7. Ein solches hat der Verwaltungsgerichtshof bei künstlerischer Betätigung schon dann angenommen, wenn im Falle unverschuldeter Unmöglichkeit, die Leistung zu erbringen, kein Anspruch auf Entgelt besteht (vgl. zu alldem umfassend VwGH 25.4.2019, Ra 2018/13/0083 = WPA 13/2019, Artikel Nr. 309/2019),
8. Vorliegend hat sich das Bundesfinanzgericht mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt und sich ausschließlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1985, 84/13/0004, gestützt.
9. In jenem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen des Unternehmerwagnisses der bei Burgfestspielen engagierten Schauspieler verneint, weil diese einen Anspruch auf Zahlung der pauschalen Gage in jedem Fall hatten, unabhängig da-von, aus welchem Grund immer Vorstellungen durchgeführt oder abgesagt wurden.
10. Das Bundesfinanzgericht hat im hier zu beurteilenden Fall ein Unternehmerwagnis der Schauspieler ebenfalls verneint, weil diesen eine Tagespauschale angeblich „garantiert worden“ sei, was aber mehr als strittig ist.
11. Daher wird das Bundesfinanzgericht sich im fortgesetzten Verfahren mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Unternehmerwagnis bestanden hatte oder nicht.
VwGH vom 27.03.2024, Ra 2021/13/0122
§ 47 Abs. 1 EStG 1988
So entschied der VwGH:
1. Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis - soweit hier von Bedeutung - vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
2. Dieser Legaldefinition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die (nicht bloß sachliche, sondern persönliche) Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.
3. Nur in Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos und der Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen (vgl. dazu ausführlich VwGH 12.9.2018, Ra 2017/13/0041 = WPA 15/2019, Artikel Nr. 378/2019).
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in diesem Zusammenhang bereits mehrfach mit der Frage der ertragsteuerlichen Beurteilung der Tätigkeit reproduzierender Künstler (zu denen grundsätzlich auch Schauspieler zu zählen sind) beschäftigt und dazu festgehalten, dass bei diesen die Ausübung ihrer künstlerischen Tätigkeit - die grundsätzlich selbständiger Art ist - typischerweise eine verhältnismäßig starke organisatorische Eingliederung erforderlich macht.
5. Dementsprechend kommt der - in der Natur der Sache liegenden - Bindung der Künstler an Zeit, Ort, Programm usw. der jeweiligen Veranstaltung bzw. Aufführung, sowie an bestimmten Verhaltensvorgaben bei Proben und Aufführungen keine entscheidende Bedeutung zu.
6. Ebenso wenig entscheidend ist die fehlende Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, weil künstlerische Leistungen ihrer Natur grundsätzlich nach als unvertretbar anzusehen sind. Entscheidendes Gewicht für die Abgrenzung selbständiger von unselbständigen Tätigkeiten hat in diesen Fällen daher - in der Regel - das Unternehmerrisiko.
7. Ein solches hat der Verwaltungsgerichtshof bei künstlerischer Betätigung schon dann angenommen, wenn im Falle unverschuldeter Unmöglichkeit, die Leistung zu erbringen, kein Anspruch auf Entgelt besteht (vgl. zu alldem umfassend VwGH 25.4.2019, Ra 2018/13/0083 = WPA 13/2019, Artikel Nr. 309/2019),
8. Vorliegend hat sich das Bundesfinanzgericht mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt und sich ausschließlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1985, 84/13/0004, gestützt.
9. In jenem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen des Unternehmerwagnisses der bei Burgfestspielen engagierten Schauspieler verneint, weil diese einen Anspruch auf Zahlung der pauschalen Gage in jedem Fall hatten, unabhängig da-von, aus welchem Grund immer Vorstellungen durchgeführt oder abgesagt wurden.
10. Das Bundesfinanzgericht hat im hier zu beurteilenden Fall ein Unternehmerwagnis der Schauspieler ebenfalls verneint, weil diesen eine Tagespauschale angeblich „garantiert worden“ sei, was aber mehr als strittig ist.
11. Daher wird das Bundesfinanzgericht sich im fortgesetzten Verfahren mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Unternehmerwagnis bestanden hatte oder nicht.