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Arbeitgeberkündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin, welche die Schwangerschaft erst nach dem Ausspruch der Kündigung erfuhr
#1
§ 10 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes regelt die Rechtsfolgen einer Arbeitgeberkündigung einer werdenden Mutter.

Grundsätzlich sind derartige Kündigungen zwar rechtsunwirksam, allerdings gilt es für die werdende Mutter im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer derartigen Arbeitgeberkündigung knapp bemessene Fristen einzuhalten.

Insbesondere dann, wenn die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Arbeitgeberkündigung bereits schwanger war, dies aber erst nach dem Ausspruch erfährt, muss "unverzüglich" (laut Gesetz: unmittelbar) nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes die Schwangerschaft mitgeteilt werden, damit die Arbeitgeberkündigung rechtsunwirksam wird.

Dazu wurde vom OGH bereits entschieden, dass "unmittelbar" bedeutet, dass normalerweise am nächsten Arbeitstag Mitteilung und fachärztliche Bestätigung vorgelegt werden müssten, falls die Arbeitnehmerin nun zum ersten Mal Mutter wurde, reicht auch der übernächste Arbeitstag.

Nun gibt es eine aktuelle EuGH-Entscheidung (Fall "Haus Jacobus", EuGH vom 27.04.2024, C-284/23), in welcher es um genau so einen Fall (Unkenntnis des Vorliegens einer Schwangeren zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung) ging, allerdings nach dem deutschen Arbeitsrecht. Nach dem dort geltenden Kündigungsschutzgesetz muss man eine Anfechtungsklage im Wesentlichen innerhalb von 3 Wochen bei Gericht einbringen. Im Falle einer Schwangeren, die zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Arbeitgeberkündigung noch nichts von ihrer Kündigung wusste, muss binnen zwei Wochen "nach der Behebung des Hindernisses" die Klage eingebracht werden.

Dies erachtete der EuGH als "zu kurz" und als mit dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unvereinbar.

Nun ist natürlich die österreichische Regelung nicht mit einem Anfechtungsverfahren (per se) verbunden, die "Frist" (unverzüglich) dennoch sehr anspruchsvoll.

Allerdings darf/muss in derartigen Fällen in Zukunft damit gerechnet werden, dass die anwaltliche Vertretung der schwangeren Arbeitnehmerin bzw. die Arbeitnehmervertretung auf eine "rechtliche Klärung" aus ist, sei es in Form einer unionsrechtskonformen Interpretation des § 10 Abs. 2 MSchG oder - realistischer - in Form eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH.

Zur Pressemitteilung des EuGH:

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs...0108de.pdf
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