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Unschädlicher viertägiger Krankenhausaufenthalt der Mutter während der Familienzeit
#1
Unschädlicher viertägiger Krankenhausaufenthalt der Mutter während der Familienzeit


OGH 10 ObS 82/21p vom 25. Jänner 2022
§ 2 FamZeitbG


Sachverhalt:


Nachdem Mutter und die neugeborene Tochter in gemeinsame Wohnung mit dem Kindesvater gezogen waren, musste während der „Familienzeit“ die Mutter für 4 Tage ins Krankenhaus und zwar wegen des Verdachts auf „Bluthochdruckkrise.


Das Kind befand sich während dieser Zeit ebenfalls im Krankenhaus, um das Stillen zu erleichtern.


Der Vater war während dieser Zeit praktisch rund um die Uhr bei der Familie im Krankenhaus (abgesehen von einer Nacht, in der ihm kein Bett im Krankenhaus angeboten werden konnte und er daher das Krankenhaus verlassen musste).


Der Krankenversicherungsträger verweigerte die Leistung des Familienzeitbonus wegen dieser „Unterbrechung“ ebenso wie die Vorinstanzen.


Zum einen war strittig, ob während der gesamten Familienzeit der gemeinsame Haushalt bestanden hatte und zum anderen gab es Zweifel, ob während der gesamten Familienzeit auch tatsächlich „Familienzeit“ vorlag.


Der OGH drehte das Ergebnis zu Gunsten des Vaters um.


So entschied der OGH:


Beantragte der Vater eines am 4.9.2019 geborenen Kindes für die Zeit von 9.9.2019 (Tag, an dem die Mutter und das Kind vom Krankenhaus zurückkehrten) bis 9.10.2019 den Familienzeitbonus, so konnte ein danach eintretender vorübergehender Krankenhausaufenthalt der Mutter in der Zeit von 12.9. bis 15.9.2019 (wegen Verdachts auf Bluthochdruckkrise) den Anspruch auf den Familienzeitbonus nicht gefährden.




Aus den höchstgerichtlichen Entscheidungsgründen:


A) Gemeinsamer Haushalt bestand fort:
1. Im Fall eines unvorhersehbaren, medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthalts des „anderen Elternteils“ während der Familienzeit des Vaters liegt nach Ansicht des OGH weiterhin ein gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 1 Z 3, Abs 3 FamZeitbG vor, da zuvor (d. h. zu Beginn der Familienzeit)


2. Der Oberste Gerichtshof nahm bereits in der Entscheidung 10 ObS 147/19v = WPA 12-13/2022, Artikel Nr. 258/2022 zu den Auswirkungen des Krankenhausaufenthalts der Mutter auf das Weiterbestehen eines gemeinsamen Haushalts iSd FamZeitbG Stellung.


3. In dieser Entscheidung wurde ausgeführt, dass während eines zeitlich begrenzten stationären Aufenthalts zwar die tatsächliche Wohngemeinschaft der Eltern an der Familienwohnadresse aufgehoben ist, aber das für die Annahme einer „dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ wesentliche Element der Absicht, diese auf Dauer zu führen, nicht wegfällt.


4. Ebenso wenig ist das gemeinsame Wirtschaften beendet, ändert doch ein vorübergehender Krankenhausaufenthalt nichts an der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines auf drei Personen ausgelegten Haushalts.


5. Dass das Kind während dieser Zeit des Krankenhausaufenthaltes der Mutter auch im Krankenhaus war, um das Stillen zu erleichtern, ändert an der Beurteilung nichts, zumal der Vater während dieser Zeit fast rund um die Uhr (soweit im auch für die Nacht ein Bett im Krankenhaus zur Verfügung stand) im Krankenhaus anwesend war und sich um die Versorgung bzw. Betreuung des Kindes kümmerte.


6. Da Mutter, Vater und Kind während dieser Zeit hauptwohnsitzlich an derselben Adresse gemeldet waren und auch blieben, bestand kein Anlass, das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes für diese Zeit anzuzweifeln.


B) Familienzeit war auch nicht unterbrochen:


7. Auch die „Familienzeit“ wurde nach Ansicht des OGH nicht schädlich unterbrochen.


8. Die Definition der Familienzeit stellt ausschließlich auf die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch den Vater (bzw den beziehenden Elternteil), die von ihm bezogenen Leistungen sowie darauf ab, dass er sich im relevanten Zeitraum ausschließlich der Familie widmet.


9. Ob auch der andere Elternteil (die Mutter) Betreuungsleistungen erbringt, ist für das Vorliegen von Familienzeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG irrelevant (10 ObS 147/19v).


10. Die Erbringung von Betreuungsleistungen durch die Mutter ist nur nach dem – hier nicht anzuwendenden – § 2 Abs 3a FamZeitbG, sohin für die Prüfung des Vorliegens des gemeinsamen Haushalts trotz eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts des Kindes zu prüfen.


11. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für das Vorliegen von Familienzeit des Vaters auch während des Krankenhausaufenthalts des Kindes erfüllt:


a. Er trug – aufgrund der Abwesenheit der Mutter – nicht nur die alleinige Verantwortung für die Führung des Haushalts an der Familienwohnadresse, sondern betreute das Kind auch im Spital, sodass sich das Krankenhauspersonal nach den Feststellungen „nicht um die Tochter kümmerte“.


b. Ob vom Krankenhauspersonal allenfalls während einer Nacht Betreuungsleistungen für das Kind erbracht wurden, ist nicht entscheidend.


c. Für das Vorliegen von Familienzeit kommt es nicht darauf an, dass der Vater oder die Mutter jede einzelne Pflegeverrichtung persönlich durchführen, sondern darauf, dass der Vater seine Erwerbstätigkeit unterbricht und sich seiner Familie widmet.


d. Diese Voraussetzungen hat der Vater im vorliegenden Fall auch während des Krankenhausaufenthalts seiner Ehegattin und des Kindes erfüllt.
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