25.11.2021, 14:15
Der Entfall der Urlaubsersatzleistung im Falle eines unberechtigten vorzeitigen Austrittes ist gemeinschaftswidrig
Seit ein paar Jahren schon mache ich darauf aufmerksam, dass die Rechtslage, wonach eine Urlaubsersatzleistung für den offenen Urlaub des laufenden Jahres im Falle des unberechtigten vorzeitigen Austrittes entfällt, gemeinschaftswidrig sein könnte.
Nachdem sich der österreichische Rechtsinstanzenzug dazu - wie erwartet - sehr zögerlich bis ablehnend geäußert hatte und sogar der OGH, als er das Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet hatte, durchblicken ließ, dass er diese Regelung eher als gemeinschaftskonform sehen würde, gab schon der Generalanwalt vor einigen Monaten klar zu erkennen, dass hier europäisches Recht mit Füßen getreten würde und dem EuGH vorgeschlagen, diese Regelung als gemeinschaftswidrig zu beurteilen.
Seit heute ist es soweit: der EuGH hat dies mit Urteil vom 25.11.2021 exakt so entschieden. Damit gibt es in Bezug auf die Austrittsarten keinen Entfallsgrund mehr für die Ersatzleistung des noch offenen Urlaubs. Der Wegfall einer Urlaubsersatzleistung kann maximal wegen Urlaubsverjährung ein Thema sein, sonst aber kaum noch.
Dieses Urteil wirkt sich jedoch definitiv NICHT auf kollektivvertragliche Sonderzahlungsregelungen (bei Arbeiter*innen) aus. Diese können weiterhin in derartigen Fällen verloren gehen.
Dieses Urteil ist nicht etwa ab heute anzuwenden, sondern wirkt zurück. Allerdings ist damit ja ein Austritt verbunden, wodurch erstens mal die gesetzliche Verjährungsfrist (von drei Jahren) greift, es könnte auch eine kürzere kollektivvertragliche oder vertraglich vereinbarte Verfallsfrist zur Anwendung gelangen.
Aus Sicht des LSD-BG gilt die Regelung betreffend Verfolgungsverjährung, die ebenso meiner Ansicht nach vom Austritt gerechnet, maximal 3 Jahre wirkt. Sollte also vom Austritt weg bis zu einer GPLB ein Zeitraum von mehr als 3 Jahren verstrichen sein, dann ist eine behördliche LSD-BG-Verfolgung nicht (mehr) möglich.
SV- und BV-Beiträge allerdings könnten im Rahmen der 5jährigen Verjährungsfrist im Zuge einer GPLB noch zur Nachverrechnung gelangen.
Die in der Praxis so häufig lieb gewonnene Sanktion für das "auf die Stunde Aufhören" eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin ist damit weggefallen, mehr noch: in vielen Fällen muss nun wohl auch eine nachträgliche Sanierung erfolgen.
Für die Zukunft wäre unter Umständen die Vereinbarung einer angemessenen Konventionalstrafe für den Fall vertragswidrigen Ausscheidens (wie für den Fall des unberechtigten vorzeitigen Austrittes oder der fristlosen Entlassung). Dabei kann sich der bzw. die Arbeitgeber*in natürlich auch das Recht vorbehalten, einen darüberhinaus eingetretenen und nachweisbaren Schaden geltend zu machen.
Den Text des Urteils finden Sie hier:
https://curia.europa.eu/juris/document/d...id=2019703
Seit ein paar Jahren schon mache ich darauf aufmerksam, dass die Rechtslage, wonach eine Urlaubsersatzleistung für den offenen Urlaub des laufenden Jahres im Falle des unberechtigten vorzeitigen Austrittes entfällt, gemeinschaftswidrig sein könnte.
Nachdem sich der österreichische Rechtsinstanzenzug dazu - wie erwartet - sehr zögerlich bis ablehnend geäußert hatte und sogar der OGH, als er das Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet hatte, durchblicken ließ, dass er diese Regelung eher als gemeinschaftskonform sehen würde, gab schon der Generalanwalt vor einigen Monaten klar zu erkennen, dass hier europäisches Recht mit Füßen getreten würde und dem EuGH vorgeschlagen, diese Regelung als gemeinschaftswidrig zu beurteilen.
Seit heute ist es soweit: der EuGH hat dies mit Urteil vom 25.11.2021 exakt so entschieden. Damit gibt es in Bezug auf die Austrittsarten keinen Entfallsgrund mehr für die Ersatzleistung des noch offenen Urlaubs. Der Wegfall einer Urlaubsersatzleistung kann maximal wegen Urlaubsverjährung ein Thema sein, sonst aber kaum noch.
Dieses Urteil wirkt sich jedoch definitiv NICHT auf kollektivvertragliche Sonderzahlungsregelungen (bei Arbeiter*innen) aus. Diese können weiterhin in derartigen Fällen verloren gehen.
Dieses Urteil ist nicht etwa ab heute anzuwenden, sondern wirkt zurück. Allerdings ist damit ja ein Austritt verbunden, wodurch erstens mal die gesetzliche Verjährungsfrist (von drei Jahren) greift, es könnte auch eine kürzere kollektivvertragliche oder vertraglich vereinbarte Verfallsfrist zur Anwendung gelangen.
Aus Sicht des LSD-BG gilt die Regelung betreffend Verfolgungsverjährung, die ebenso meiner Ansicht nach vom Austritt gerechnet, maximal 3 Jahre wirkt. Sollte also vom Austritt weg bis zu einer GPLB ein Zeitraum von mehr als 3 Jahren verstrichen sein, dann ist eine behördliche LSD-BG-Verfolgung nicht (mehr) möglich.
SV- und BV-Beiträge allerdings könnten im Rahmen der 5jährigen Verjährungsfrist im Zuge einer GPLB noch zur Nachverrechnung gelangen.
Die in der Praxis so häufig lieb gewonnene Sanktion für das "auf die Stunde Aufhören" eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin ist damit weggefallen, mehr noch: in vielen Fällen muss nun wohl auch eine nachträgliche Sanierung erfolgen.
Für die Zukunft wäre unter Umständen die Vereinbarung einer angemessenen Konventionalstrafe für den Fall vertragswidrigen Ausscheidens (wie für den Fall des unberechtigten vorzeitigen Austrittes oder der fristlosen Entlassung). Dabei kann sich der bzw. die Arbeitgeber*in natürlich auch das Recht vorbehalten, einen darüberhinaus eingetretenen und nachweisbaren Schaden geltend zu machen.
Den Text des Urteils finden Sie hier:
https://curia.europa.eu/juris/document/d...id=2019703