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Vorvertragliches Privattraining eines Profisportlers – kein Unfallversicherungsschutz
#1
Vorvertragliches Privattraining eines Profisportlers – kein Unfallversicherungsschutz
 
OGH 10 ObS 97/19s vom 13. September 2019
§ 175 Abs. 1 ASVG
§ 176 Abs. 1 Z 5 ASVG
 
Sachverhalt:
·        Ein Profi-Eishockeyspieler, verpflichtete sich im Spielervertrag mit seinem künftigen Verein, sich vor Beginn der Saison selbständig und auf eigene Kosten auf den bevorstehenden Arbeitsbeginn vorzubereiten und alles zu unternehmen, um sein Leistungsvermögen aufrechtzuerhalten und zu steigern.
·        Das schloss körperliches (Kraft- und Ausdauertraining) und technisches Training sowie die mentale Vorbereitung auf die künftige Saison ein.
·        Diese Vorbereitungen wurden vom Vereinsmanagement und vom Trainer vorgeschrieben und sollten durch einen Fitnesscheck zu Beginn der Saison überprüft werden.
·        Bei mangelhafter Vorbereitung war der Verein berechtigt, den Spielervertrag aufzulösen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war der Sportler arbeitslos, sein Dienstverhältnis zu seinem früheren Verein war bereits beendet.
·        Eine Woche vor Beginn des Vertragsverhältnisses absolvierte er mit einem Sportkollegen als Teil des vorgeschriebenen Trainingsplans ein Techniktraining in einer „vereinsfremden“ Eishalle.
·        Das Training wurde nicht vom Verein finanziert, es war kein Trainer anwesend.
·        Auf dem Nachhauseweg erlitt er einen Verkehrsunfall.
·        Er war damals beim AMS als arbeitssuchend gemeldet und bezog Arbeitslosengeld.
·        Fraglich war, ob ein Arbeitsunfall (Wegunfall) vorlag wegen der möglichen Geltendmachung einer Unfallrente
So entschied der OGH:
 
Der OGH verneinte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles.
 
Aus den Entscheidungsgründen:
 
A) Vorbereitende Verrichtungen, welche die Aufnahme der Berufstätigkeit erst ermöglichen, stehen nicht unter UV-Schutz:
·        Eine betriebliche Berufsausbildung fällt unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 175 Abs 1 ASVG.
·        Maßnahmen des Versicherten, die er selbst setzt, um den körperlichen und geistigen Anforderungen im Beruf gerecht zu werden, stehen hingegen nicht schon deshalb in einem inneren Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit, weil der Arbeitgeber daran interessiert ist.
·        Das Risiko der Leistungsfähigkeit fällt in der Regel in den unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich.
·        Ganz allgemein stehen vorbereitende Verrichtungen, die erst die Aufnahme der Berufsfähigkeit ermöglichen, der betrieblichen Sphäre zu fern und stehen daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
 
B) Unterschied zum „Schisprung-Erkenntnis“:
·        Im hier zu beurteilenden Fall absolvierte der Sportler kein offizielles Training seiner Mannschaft am vorgeschriebenen Trainingsort.
·        Er war zwar nach dem Spielervertrag zu einem technischen Training als Vorbereitung auf die kommende Saison verpflichtet, konnte aber selbst entscheiden, wann, wo und mit wem er in welchem Ausmaß trainiert.
·        Ein fehlender Erfolg des „vorvertraglichen“ Trainings fiel in seinen Risikobereich.
·        Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte er seine eigentliche Tätigkeit für den Verein noch nicht begonnen.
·        Die Entscheidungsfreiheit des Sportlers und der Unfallszeitpunkt vor der – für den Beginn einer Pflichtversicherung maßgeblichen – Aufnahme seiner Tätigkeit als Spieler unterscheiden diese Konstellation vom Fall eines Schispringers, der als Vorspringer bei einer Schiflug-Weltmeisterschaft eingesetzt wurde (VwGH 3. 4. 2019, 2019/08/0003-8 = WPA 13/2019, Artikel Nr. 300/2019).
 
C) Gleichstellungstatbestand nach § 176 Abs. 1 Z 5 ASVG liegt auch nicht vor:
·        Nach § 176 Abs 1 Z 5 ASVG stehen Unfälle beim Besuch beruflicher Schulungs-(Fortbildungs-)Kurse unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit dieser Besuch geeignet ist, das berufliche Fortkommen des Versicherten zu fördern.
·        Der Dienstgeber muss die Maßnahmen nicht anordnen und genehmigen, sie müssen aber objektiv geeignet sein, den beruflichen Wissenshorizont zu erweitern.
·        Auch wenn es für den Unfallversicherungsschutz grundsätzlich ausreicht, sich „nebenbei“, also ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Arbeitsverhältnis, einer beruflichen Aus- oder Fortbildung zu unterziehen, ist doch ein enger Berufsbezug notwendig.
·        Der Schulungs- bzw Fortbildungskurs muss eine berufliche Ausbildung für einen angestrebten Beruf oder eine Fortbildung für den bereits ausgeübten Beruf sein.
·        Ein Zusammenhang mit einem aktuell ausgeübten Beruf ist nicht notwendig.
·        Der Gleichstellungstatbestand des § 176 Abs 1 Z 5 ASVG setzt eine – hier fehlende – aufrechte Pflichtversicherung in der Unfallversicherung voraus.
·        Im vorliegenden Fall bezog der Sportler zum Unfallszeitpunkt Arbeitslosengeld und wäre nach § 8 Abs 1 Z 3 lit d ASVG nur als Teilnehmer an Umschulungs-, Nachschulungs- und sonstigen beruflichen Ausbildungslehrgängen bestimmter Rechtsträger bzw Behörden, wie unter anderem der Gebietskörperschaften, der Sozialversicherungsträger oder des Arbeitsmarktservice (AMS), in der Unfallversicherung teilversichert gewesen.
·        Die Voraussetzungen für die Begründung einer (Teil-)Unfallversicherung nach § 40a AlVG erfüllt sein Privattraining ebenfalls nicht.
 
Auf den WIKU-Punkt gebracht:
Vorbereitende Verrichtungen, die erst die Aufnahme der Berufstätigkeit ermöglichen, stehen nach Ansicht der betrieblichen Sphäre zu fern und daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
 
Der Gleichstellungstatbestand des § 176 Abs 1 Z 5 ASVG (Besuch beruflicher Schulungs- bzw Fortbildungskurse) setzt eine - im vorliegenden Fall allerdings fehlende - Pflichtversicherung in der Unfallversicherung voraus.
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