13.08.2020, 21:01
Berechtigter "Arbeitnehmerstreik" wegen offener Entgelte des Betriebsvorgängers
OGH 8 ObA 70/19f vom 29. Juni 2020
§ 1155 Abs. 1 ABGB
So entschied der OGH:
1. Ein Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung berechtigt, seine Arbeitsleistung solange zurückzuhalten, bis der Arbeitgeber einen bereits fällig gewordenen Lohnrückstand gezahlt hat.
2. Nach § 1155 Abs 1 ABGB gebührt dem Arbeitnehmer nämlich auch für Dienstleistungen, die nicht zustandegekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Arbeitgebers liegen, daran verhindert worden ist; er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
3. Die Formulierung „zur Leistung bereit war“ in § 1155 Abs 1 ABGB stellt offensichtlich nur auf die grundsätzliche Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers ab, wenn und solange der Arbeitgeber seine Lohnzahlungspflicht erfüllt. In diesem Sinn ist daher § 1155 ABGB teleologisch einschränkend auszulegen (9 ObA 139/16f ua).
4. Allein dass ein offener Anspruch strittig ist, kann nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer kein Zurückbehaltungsrecht zusteht, hätte es doch der Arbeitgeber sonst in der Hand, durch ein Bestreiten der Forderung den Arbeitnehmer zu ei-ner weiteren Vorleistung zu zwingen.
5. Weigerte sich ein Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang den Dienst beim Nachfolger anzutreten, bis die insgesamt € 28.000,00 an (strittigen) offenen Entgelten des Vorgängers beglichen waren, so war die fristlose Entlassung unberechtigt und standen daher beendigungsrelevante Ansprüche aus einer unberechtigten Entlassung (Abfertigung ALT, Kündigungsentschädigung) zu.
OGH 8 ObA 70/19f vom 29. Juni 2020
§ 1155 Abs. 1 ABGB
So entschied der OGH:
1. Ein Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung berechtigt, seine Arbeitsleistung solange zurückzuhalten, bis der Arbeitgeber einen bereits fällig gewordenen Lohnrückstand gezahlt hat.
2. Nach § 1155 Abs 1 ABGB gebührt dem Arbeitnehmer nämlich auch für Dienstleistungen, die nicht zustandegekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Arbeitgebers liegen, daran verhindert worden ist; er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
3. Die Formulierung „zur Leistung bereit war“ in § 1155 Abs 1 ABGB stellt offensichtlich nur auf die grundsätzliche Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers ab, wenn und solange der Arbeitgeber seine Lohnzahlungspflicht erfüllt. In diesem Sinn ist daher § 1155 ABGB teleologisch einschränkend auszulegen (9 ObA 139/16f ua).
4. Allein dass ein offener Anspruch strittig ist, kann nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer kein Zurückbehaltungsrecht zusteht, hätte es doch der Arbeitgeber sonst in der Hand, durch ein Bestreiten der Forderung den Arbeitnehmer zu ei-ner weiteren Vorleistung zu zwingen.
5. Weigerte sich ein Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang den Dienst beim Nachfolger anzutreten, bis die insgesamt € 28.000,00 an (strittigen) offenen Entgelten des Vorgängers beglichen waren, so war die fristlose Entlassung unberechtigt und standen daher beendigungsrelevante Ansprüche aus einer unberechtigten Entlassung (Abfertigung ALT, Kündigungsentschädigung) zu.