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Abzugsverbot von freiwilligen Abfertigungen - VwGH "greift ein"
#1
Abzugsverbot von freiwilligen Abfertigungen - VwGH "greift ein"

VwGH Ro 2020/13/0013-4 vom 7. Dezember 2020 

§ 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988

§ 67 Abs. 6 EStG 1988

1. Vom Abzugsverbot erfasst sind  freiwillige Abfertigungen, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (siehe erster Satz des § 67 Abs. 6 EStG 1988), aber nicht begünstigt im Sinne der Z 1 bis 6 dieses Absatzes besteuert werden. Dies trifft auf Abfertigungen an Mitarbeiter mit neuen Dienstverhältnissen zu.

2. Dafür, dass Bezüge „nach“ § 67 Abs. 6 EStG 1988 einen anderen Bedeutungsinhalt haben sollten, als Bezüge „im Sinne des“ § 67 Abs. 6 EStG 1988 gibt es  keinen Anhaltspunkt. Die Worte „im Sinne“ sowie „nach“ oder „gemäß“ werden in der Regel mit identem Begriffsinhalt, nämlich als Verweisung auf eine genannte Regelung verstanden.

3. Auch der Zweck der Regelung spricht dafür, dass freiwillige Abfertigungen an Mitarbeiter mit neuen Dienstverhältnissen vom Abzugsverbot umfasst sind. Das Abzugsverbot soll bewirken, Abfertigungen, die über eine vom Gesetzgeber als begünstigungswürdig erkannte Höhe hinausgehen, zu verteuern und damit darauf hinzuwirken, dass solche Abfertigungen nicht mehr vereinbart und ausgezahlt werden.

4. Hauptanwendungsgebiet des Abzugsverbotes sind , die Führungsebenen von Unternehmen, insbesondere vertraglich vereinbarte Abfertigungen an Vorstände einer Aktiengesellschaft (AG), aber auch an Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).  Der beabsichtigte Lenkungseffekt, über das Abzugsverbot Abfertigungen in nicht begünstigungswürdiger Höhe unattraktiver zu machen und damit die vertraglichen Vereinbarungen zu beeinflussen, würde für diese Personengruppe niemals zur Anwendung kommen. 

5. Es kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er ein Abzugsverbot einführen wollte, das für den Hauptanwendungsfall von Anbeginn an keine Wirkung entfalten konnte. Aber auch das Ziel des Gesetzgebers, Personalfreisetzungen unattraktiver zu machen, würde in seiner Wirkung beeinträchtigt, wenn davon nur jener Teil der Arbeitnehmer umfasst wäre, der einem auslaufenden gesetzlichen Abfertigungsregime unterliegt. 

6. Zahlungen an Dienstnehmer mit neuen Dienstverhältnissen (= Dienstverhältnisse, die unter das BMSVG = Abfertigung NEU) fallen, fallen somit unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 8 EStG 1988.

7. Allerdings sprechen sowohl der Gesetzestext als auch Sachlichkeitserwägungen dafür, dass freiwillige Abfertigungen - egal, ob sie nach dem alten oder nach dem neuen Abfertigungssystem bezahlt werden - nur mit jenem Betrag dem Abzugsverbot unterliegen, der über den betraglichen Grenzen des § 67 Abs. 6 Z 1 bzw. Z 2 liegt.

8. Das bedeutet, dass nach Z 1 (= Viertelregelung) ein Betrag von bis zu € 49.950,00 (= das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage für 2021: 9 x € 5.550,00) als Betriebsausgabe absetzbar ist. Zusätzlich kommt noch bei entsprechend langer Dienstzeit das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage multipliziert mit dem Dienstzeitenabfertigungsfaktor hinzu (3 x € 5.550,00 = € 16.650,00 ==> bei mindestens dreijähriger DV-Dauer: € 16.650,00 x 2 = € 33.300; bei mindestens fünfjähriger DV-Dauer: € 16.650,00 x 3 = € 49.950,00; bei mindestens zehnjähriger DV-Dauer: € 16.650 x 4 = € 66.600,00; bei mindestens fünfzehnjähriger DV-Dauer: € 16.650 x 6 = € 99.900,00; bei mindestens zwanzigjähriger DV-Dauer: € 16.650,00 x 9 = € 149.850,00 sowie bei mindestens 25jähriger DV-Dauer: € 16.650,00 x 12 = € 199.800,00.

9. Das bedeutet, dass freiwillige Abfertigungen, egal, ob diese nach altem oder nach neuem Recht im Zuge einer Dienstverhältnisbeendigung gewährt werden (egal, ob im Rahmen einer "normalen Vereinbarung" oder im Rahmen eines "Sozialplanes") jedenfalls mindestens (unabhängig von Art und Umfang der begünstigten Besteuerung) bis zu einem Betrag von mindestens dem 9fachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (2021: € 49.950,00 als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar sind). Ab einer Dienstverhältnisdauer von drei Jahren kommt dann - wie geschildert - noch das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage mal Abfertigungsfaktor hinzu und ergibt so dann jeweils den Höchstbetrag. Offen bleibt, ob im Falle der Anwendung Ziffer 2 (also beim Dreifachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage) auch nachgewiesene Vordienstzeiten "zählen" oder nicht. Aus meiner Sicht sprechen die besseren Argumente ("lange Dienstzeit" aus dem Pressetext des VwGH) für eine Gesamtschau sämtlicher nachgewiesener Dienstzeiten (ohne Abzug bereits in Empfang genommener Abfertigungen). Hier sollte man aber im Zweifel eine absichernde schriftliche Anfrage beim Finanzamt durchführen.

10. Somit kommt es definitiv nicht darauf an, wie die Abfertigung bzw. Sozialplanzahlung beim Zahlungsempfänger bzw. bei der Zahlungsempfängerin besteuert wurde (also, ob mit 6 %, mit Hälftesteuersatz oder nach Tarif).
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