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Erkundigung nach den „Kündigungsgründen“ beim Betriebsratsvorsitzenden ist kein Verlangen zur Kündigungsanfechtung durch den Betriebsrat
#1
Erkundigung nach den „Kündigungsgründen“ beim Betriebsratsvorsitzenden ist kein Verlangen zur Kündigungsanfechtung durch den Betriebsrat

OGH 9 ObA 29/22f vom 22. April 2022
§ 105 Abs. 4 ArbVG

So entschied der OGH:

1. Widerspricht der Betriebsrat einer geplanten Arbeitgeberkündigung, so kann der betroffene Arbeitnehmer binnen einer Woche nach dem Ausspruch der Kündigung vom Betriebsrat verlangen, diese Kündigung bei Gericht anzufechten.

2. Kommt der Betriebsrat diesem Verlangen nicht nach, so hat der Arbeitnehmer binnen zwei weiteren Wochen die Möglichkeit, die Kündigung vor Gericht selber anzufechten.

3. An das „Verlangen“ des Arbeitnehmers an den Betriebsrat, die Kündigung anzufechten, sind keine besonderen formellen Ansprüche zu stellen. Wesentlich ist, dass aus den Erklärungen des Arbeitnehmers insgesamt hervorgeht, dass er möchte, dass seine Kün-digung durch Ausübung des Anfechtungsrechts nach § 105 ArbVG wieder aufgehoben wird (8 ObA 216/00y, 8 ObA 48/19w = WPA 11/2022, Artikel Nr. 183/2020).

4. Erkundigte sich eine Arbeitnehmerin mittels eines Schreibens an den Betriebsratsvorsitzenden innerhalb der ersten Woche nach Ausspruch der Arbeitgeberkündigung „nur“ nach den Gründen, die zur Kündigung geführt hatten, so lässt sich daraus noch nicht ableiten, dass sie auch „verlangte“, dass der Betriebsrat die Kündigung vor Gericht anficht.

5. Dadurch hatte sie dann in weiterer Folge aber dann keine Möglichkeit mehr, selber die Kündigung vor Gericht anzufechten.

6. Das primäre Recht zur Anfechtung einer Arbeitgeberkündigung hat ihm Falle des Betriebsratswiderspruchs der Betriebsrat und das auch nur dann, wenn der Arbeitnehmer dies auch ausdrücklich verlangt. Nur dann, wenn trotz Arbeitnehmerverlangens der Betriebsrat untätig bleibt, kann der Arbeitnehmer selber die Anfechtung der Kündigung vor Gericht einleiten.
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