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Wohnraumbewertung im Falle einer Wohnraumnutzung durch mehrere Arbeitnehmer – ein Beispiel anhand eines VwGH-Erkenntnisses
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Wohnraumbewertung im Falle einer Wohnraumnutzung durch mehrere Arbeitnehmer – ein Beispiel anhand eines VwGH-Erkenntnisses

VwGH Ra 2017/08/0039 vom 14. Dezember 2021
§ 15 Abs. 1 EStG 1988
§ 2 Abs. 7a Sachbezugswerte-Verordnung

So entschied der VwGH:

Was besagt die Sachbezugswerteverordnung in § 2 Abs. 7a?

Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kostenlos oder verbilligt eine arbeitsplatz-nahe Unterkunft (Wohnung, Appartement, Zimmer), die nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, gilt Folgendes:
1. Bis zu einer Größe von 30 m2 ist kein Sachbezug anzusetzen.
2. Bei einer Größe von mehr als 30 m2 aber nicht mehr als 40 m2 ist der Wert gemäß Abs. 1 oder der Wert gemäß Abs. 7 um 35% zu vermindern, wenn die arbeitsplatznahe Unterkunft durchgehend höchstens zwölf Monate vom selben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.


Worin besteht die besondere Schwierigkeit der Sachbezugswertermittlung in diesem Fall?

• Wird eine Dienstwohnung von nur einem Dienstnehmer bewohnt, so ist die Sachbezugsbewertung im Regelfall nicht so schwierig.
• Problematisch wird es – wie im hier zu beurteilenden Fall – wenn mehrere Dienstnehmer eine derartige Dienstwohnung nützen können.
• Hier muss nämlich in einem ersten Schritt geklärt werden, in welchem Ausmaß (gemeint: in m²) ein Dienstnehmer die Wohnnutzfläche auch tatsächlich nützen darf, um zu erfahren, ob der „kleine Grenzwert“ (nämlich 30 m²) oder „große Grenzwert“ (nämlich 40 m²) überschritten wurde oder nicht.
• Falls die Feststellung ergibt, dass ein Sachbezug zum Ansatz kommen muss (weil zumindest der „kleine Grenzwert“ überschritten wurde), geht es darum, den ermittelten Dienstwohnungssachbezug auf die betroffenen Dienstnehmer aufzuteilen.

Schritt 1 – Über- oder Unterschreitung der Grenzwerte – Zuordnung der Wohnnutzfläche

• Die Nutzungsmöglichkeit bestimmt sich nach der Größe des Wohnraums, der den Dienstnehmern jeweils zur alleinigen und/oder gemeinsamen Nutzung überlassen wurde.
• Wurde also einem Dienstnehmer ein Wohnraum innerhalb einer größeren Einheit (etwa einer Wohnung oder einem Einfamilienhaus) zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestellt, so ist die betreffende Fläche dem Dienstnehmer allein zuzurechnen.
• Wurden hingegen Räume mehreren Dienstnehmern zur gemeinschaftlichen Nut-zung überlassen (insbesondere Küche, Bad, WC, Vorräume und dergleichen), so ist die betreffende Fläche jedem der Dienstnehmer zuzuordnen.
• Dies gilt ebenso, wenn ein Wohnraum innerhalb einer größeren Einheit zwei oder mehr (jedoch nicht allen) Dienstnehmern zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wurde; in einem solchen Fall ist gleichfalls die betreffende Fläche jedem der Dienstnehmer, denen die ausschließliche Nutzung überlassen wurde, zuzurechnen.


Gemeinschaftlich genutzte Wohnnutzfläche – Zuordnung jeweils in vollem Ausmaß zur Ermittlung, ob Grenzwerte überschritten wurden

• Die Zuordnung einer gemeinschaftlich genutzten Fläche an jeden mitnutzenden Dienstnehmer erscheint nach Ansicht des VwGH sachgerecht, weil es darum geht, den in der kostenlosen Zurverfügungstellung des Wohnraums gelegenen Vorteil zu erfassen.
• Dieser Vorteil besteht aber gerade darin, dass jedem Dienstnehmer die Nutzung der betreffenden Fläche im vollen Ausmaß - also im Umfang der Gesamtfläche und nicht bloß im Umfang einer Teilfläche - ohne jegliche Vorbehalte und Einschränkungen überlassen wurde.
• Der Vorteil wird auch nicht etwa durch die Gemeinschaftlichkeit der Nutzung durch mehrere Dienstnehmer entscheidend geschmälert, können doch Küche, Vorräume etc. problemlos von den Dienstnehmern nebeneinander und die Nassräume (Bad, WC) zumindest sukzessive genutzt werden.
• In der dabei vorauszusetzenden Koordinierung und gegenseitigen Rücksichtnahme durch die Dienstnehmer kann im Allgemeinen keine ins Gewicht fallende Ein-schränkung gesehen werden.

Der vorliegende Fall:
Vier Dienstnehmer bewohnten gemeinsam eine Wohnung, welche aus vier Zimmern bestand.
Jeder Dienstnehmer durfte dabei exklusiv eines der vier Zimmer nützen. Diese Zimmer hatten folgende Größen 15,36 m², 15,45 m², 15,94 m² und 15,32 m²
Hinzu kamen noch die gemeinschaftlich genutzten Flächen, bestehend aus Küche, Bad, WC, Diele und Vorräumen, mit einer Gesamtgröße laut Plan von 35,70 m².
Somit wurden diese 35,70 m² jedem einzelnen Dienstnehmer in vollem Umfang zugerechnet, sodass dies in Summe eine zuzurechnende Wohnfläche von 51,06 m², 51,15 m², 51,64 m² und 51,02 m² ergab.
Im vorliegenden Fall waren somit sämtliche Grenzwerte (also sowohl jeweils die 30 m² als auch jeweils die 40m²) überschritten, sodass eine „normale Sachbezugswertung“ vor-zunehmen war.


Schritt Nr. 2 – die „normale Sachbezugsbewertung“:

Der Dienstgeber bezahlte selber für diese Dienstwohnung an seinen Vermieter einen monatlichen Mietzins in Höhe von € 1.440,00 (inklusive Umsatzsteuer).
Die relevante Gesamtwohnnutzfläche betrug 97,8 m² (15,36 m²+ 15,45 m²+ 15,94 m² + 15,32 m² + 35,70 m²).
Der „amtliche Satz“ (Richtwert) für die prüfungsrelevanten Jahre 2013 und 2014 betrug € 7,92.
€ 7,92 x 97,8 m² = € 774,58.
Der vom Dienstgeber zu entrichtende Mietzins von € 1.440,00 wird um 25 % reduziert und ergibt vergleichsweise den Betrag von € 1.080,00.
Vergleich man nun die Beträge € 774,58 sowie € 1.080,00 miteinander, so ist der höhere Wert heranzuziehen, also die € 1.080,00.
Dieser Betrag wird nun auf die einzelnen Dienstnehmer aufgeteilt und zwar im Verhältnis 51 : 51 : 52 : 51 (die „kaufmännischen Rundungen“ dieser Quadratmeterwerte wurden vom VwGH akzeptiert).
Somit betragen die monatlich anzusetzenden Sachbezüge:
€ 1.080,00 : 205 x 51 = € 268,68 x 3 (Dienstnehmer) = € 806,04
€ 1.080,00 : 205 x 52 = € 273,96

Der Sachbezugswert von € 1.080,-- ist auf die Dienstnehmer entsprechend der ihnen jeweils eingeräumten Nutzungsmöglichkeit an der Wohnung im Verhältnis von gerundet 51 : 51 : 52 : 51 aufzuteilen.
Diese Aufteilung kommt im Ergebnis einer - sonst nur im Zweifelsfall zulässigen - Division des Sachbezugswerts durch die Anzahl der Arbeitnehmer gleich.

WIKU-Praxisanmerkung:

Beim vorliegenden Fall gab es im Prüfzeitraum (2013 und 2014) in Bezug auf die Regelung des § 2 Abs. 7a der Sachbezugswerteverordnung noch etwas andere Voraussetzungen, um zu den damit verbundenen Begünstigungen zu gelangen, als dies heute der Fall ist. Diese fallen aber für die hier zu besprechende Bewertung nicht wirklich ins Gewicht.
So war nicht nur die Arbeitsplatznähe der Wohnung als Voraussetzung zu beachten, sondern auch die „rasche Verfügbarkeit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz, die zudem nach der Natur des Arbeitsverhältnisses im besonderen Dienstgeberinteresse gelegen sein musste“ (ein Begriff, der bis heute nie wirklich für die Praxis geklärt werden konnte und somit zu Recht aus dieser Bestimmung verbannt wurde).
Die Grenzbeträge und die damit verbundenen Konsequenzen blieben aber gleich.
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