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Vertragsübernahme – Wiedereinstellungszusage oder doch Arbeitgeberwechsel – nahtlose Fortsetzung einer beendeten Beschäftigung – Abfertigung ALT
#1
VwGH vom 19.10.2022, Ra 2020/15/0063
 § 67 Abs. 3 EStG 1988

Sachverhalt:
  • Aus Anlass einer „Übernahme ins Vertragsbedienstetenrecht“ kam es zu einvernehmlichen Auflösungen der Dienstverhältnisse mit Religionslehrerinnen und Religionslehrern durch den Arbeitgeber (= die Kirche).
  • Dabei wurden auch die Abfertigungen nach altem Recht ausbezahlt und begünstigt besteuert, sonst wurden keinerlei Beendigungsansprüche bezahlt. Zudem wurden die betroffenen Dienstnehmer:innen bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet und durch den neuen Dienstgeber (die Landesregierung) wieder angemeldet (bei der BVA).
  • Der neue Dienstgeber führte auch davor schon die Personalverrechnung als Serviceleistung für die kirchlichen Stellen durch (hatte also alle Arbeitnehmerdaten) und beschäftigte die Religionslehrer:innen fortan unter Anwendung des Vertragsbedienstetenrechts und in diesem Sinne entlohnungsmäßig fast unverändert weiter.
  • Im Zuge einer Lohnabgabenprüfung wurde bemängelt, dass im Zuge dieser „Übernahme“ keine Beendigungsansprüche (keine Urlaubsersatzleistung etc.) gewährt wurde.
  • Das Bundesfinanzgericht wertete die vorliegende „Übernahme“ als Wiedereinstellungszusage und versagte den bezahlten Abfertigungen die Abgabenbegünstigung.

So entschied der VwGH:
  • Der VwGH hob das BFG-Erkenntnis auf und bestätigte die Abgabenbegünstigung der gewährten Abfertigungen nach altem Recht.
  • Ursprünglicher Arbeitgeber war – bis zur einvernehmlichen Auflösung -die Kirche bzw. Religionsgemeinschaft.
  • Nur diese (bzw. die entsprechende juristische Person der Kirche/Religionsgemeinschaft) kommt als Haftende für Lohnsteuer auf die mit Beendigung der Dienstverhältnisse ausbezahlten Abfertigungen und als Schuldner eines daraus resultierenden Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe in Betracht.
  • Dass die Bezugsverrechnung und Tragung der Lohnkosten auch schon während des Dienstverhältnisses zur Kirche bzw. Religionsgemeinschaften von der Landesregierung übernommen wurde (vgl. dazu §§ 6f Religionsunterrichtsgesetz und Art. I, § 3 Abs. 6 des Vertrages vom 9. Juli 1962, BGBl. 273/1962, zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen samt Schlussprotokoll), ist dabei irrelevant.
  • Auch aus diesem Grund erweist sich - in Bezug auf die gegenständlichen Abfertigungen - die Heranziehung der Revisionswerberin als Haftende bzw. Schuldnerin als rechtswidrig.
  • Der VwGH vertrat die Ansicht, dass hier keine im Wesentlichen unveränderte Fortsetzung des Dienstverhältnisses vorlag, da unstrittig ein neues Dienstverhältnis zu einem neuen Arbeitgeber begründet wurde und somit lag auch keine bloße Vertragsübernahme auf Seiten des bisherigen Arbeitgebers vor.
  • Auch wenn das Dienstverhältnis der zunächst kirchlich bestellten Lehrerinnen und Lehrer nur unter der Voraussetzung der „Übernahme als Landesvertragslehrerin“ aufgelöst wurde, kommt diese aufschiebende Bedingung keiner Wiedereinstellungszusage gleich. In einer solchen Konstellation kann somit nicht vom Vorliegen eines einheitlichen Dienstverhältnisses ausgegangen werden.

Auf den WIKU-Punkt gebracht:
Wird das Dienstverhältnis von Religionslehrer:innen einvernehmlich zur Kirche aufgelöst, damit es zur Landesregierung im Rahmen des Vertragsbedienstetenverhältnisses „weitergeführt“ werden kann, so sind die von der Kirche bezahlten gesetzlichen Abfertigungen nach altem Recht abgabenbegünstigt, auch wenn sonst keine weiteren Beendigungsansprüche gewährt wurden UND die Landesregierung die Dienstverhältnisse im Wesentlichen unverändert weitergeführt hatte. Schließlich lagen verschiedene Dienstgeber vor.


Der WIKU-Praxistipp:
Grundsätzlich bleibe ich natürlich bei der Empfehlung, alle Beendigungsansprüche abzuwickeln, wenn es beim selben Arbeitgeber zu einer Art Änderungskündigung kommen sollte.
Sollte allerdings ein GPLB-Prüfer genau diesen Umstand in einem konkreten Fall als Grundlage dafür heranziehen, die Steuerbegünstigung für die Abfertigungen nach altem Recht in Frage zu stellen, so denke ich, dass auch die vorliegende Entscheidung uns genügend Rückenwind für eine Bekämpfung eines Nachforderungsbescheides bietet.
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