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Eintritt einer Schwangerschaft während der Kündigungsfrist nach Arbeitgeberkündigung spielt bei Sozialwidrigkeitsanfechtung keine Rolle
#1
Eintritt einer Schwangerschaft während der Kündigungsfrist nach Arbeitgeberkündigung spielt bei Sozialwidrigkeitsanfechtung keine Rolle


OGH vom 24.01.2023, 9 ObA 131/22p

§ 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG



So entschied der OGH:


1. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre ist für die Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (sog Konkretisierungszeitpunkt) maßgebend.

2. Entscheidend ist eine vom Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehende Prognose über die nach diesem Zeitpunkt aller Voraussicht nach wirksam werdenden Folgen der Kündigung für die wesentlichen Interessen des Arbeitnehmers.

3. Künftige Entwicklungen der Verhältnisse nach der Kündigung sind dann in die Beurteilungsgrundlage einzubeziehen, wenn sie noch mit der angefochtenen Kündigung in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.

4. In diesem Sinne wurde vom Obersten Gerichtshof festgestellt, dass der Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung der gekündigten Arbeitnehmerin nach dem Kündigungsausspruch nicht mehr in sachlichem Zusammenhang mit der Kündigung steht, weil diese Interessenbeeinträchtigung der klagenden ehemaligen Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Rahmen einer rational nachvollziehbaren Prognose nicht vorhersehbar war (9 ObA 199/95).

5. Ebenso verhält es sich mit dem Eintritt einer Schwangerschaft der im vorliegenden Fall klagenden Arbeitnehmerin im Zeitraum zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Zeitpunkt des Endes des Dienstverhältnisses. Diese kann bei Beurteilung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG nicht berücksichtigt werden, weil dieser Umstand in keinem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der rational nachvollziehbaren Prognose der beklagten Arbeitgeberin zum Kündigungszeitpunkt steht.

6. Der Eintritt der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin erst nach dem Kündigungsausspruch war für die Arbeitgeberin zum Kündigungszeitpunkt nicht voraussehbar. Die-ser Umstand steht in keinem sachlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Kündigung. Die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin kann daher nicht bei Beurteilung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG berücksichtigt werden (spielt also bei der Sozialwidrigkeitsanfechtung keine Rolle).
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