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Falsche Berufsbezeichnung bei Dienstzeugnis – bei Korrekturverweigerung durch Arbeitgeber kann gewünschter Text mit Klage durchgesetzt werden
#1
OGH vom 31.05.2023, 9 ObA 28/23t

§ 1163 ABGB



So entschied der OGH:



1. Gemäß § 1163 Abs 1 Satz 1 ABGB ist dem Dienstnehmer bei Beendigung des Dienstverhältnisses auf sein Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen.



2. Die Hauptfunktion des Dienstzeugnisses besteht in seiner Verwendung als Bewerbungsunterlage im vorvertraglichen Arbeitsverhältnis. Es dient dem Stellenbewerber als Nachweis über zurückliegende Dienstverhältnisse und dem präsumtiven Dienstgeber als Informationsquelle über die Qualifikation des Bewerbers.



3. Das Dienstzeugnis hat daher vollständig und objektiv richtig zu sein; die Formulierung ist allerdings dem Dienstgeber vorbehalten.



4. Da das Dienstzeugnis dem Dienstnehmer die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes erleichtern soll, muss es die Art der Beschäftigung in der üblichen Weise bezeichnen und sie unter Umständen auch näher schildern, wenn dies für das Fortkommen des Arbeitnehmers von Bedeutung sein kann.



5. Wurde in einem konkreten Fall der Ausdruck „Elektrohelfer“ als Berufsbezeichnung verwendet, obwohl der Arbeitnehmer als „Elektroinstallationstechniker“ und als „Betriebselektriker“ Dienste verrichtet hatte, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ausstellung eines insoweit korrigierten Zeugnisses.



6. Zwar ist die Formulierung des Dienstzeugnisses dem Dienstgeber vorbehalten. Entspricht aber – wie hier – der Inhalt des vom Dienstgeber ausgestellten Dienstzeugnisses nicht der tatsächlichen Tätigkeit des Dienstnehmers und verweigert der Dienstgeber die Korrektur eines mangelhaften Zeugnisses, kann der Dienstnehmer seinen (in natura bestehenden) Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses durch ein bestimmtes Klagebegehren, in dem der Inhalt des gewünschten Arbeitszeugnisses aufgenommen ist, im Klagsweg durchsetzen. Anders formuliert: dann hat der Arbeitgeber nicht mehr unbedingt die Wahl der Formulierung, wenn das Gericht einen Text „aufträgt“.
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