Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Keine wesentlichen Betriebsmittel bei Musiktherapeutin – freies Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG
#1
Keine wesentlichen Betriebsmittel bei Musiktherapeutin – freies Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG

VwGH vom 21.02.2024, Ra 2022/08/0124
§ 4 Abs. 4 ASVG

So entschied der VwGH:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob im Sinn von § 4 Abs. 4 ASVG wesentliche eigene Betriebsmittel vorliegen, zu untersuchen, ob sich der freie Dienstnehmer mit Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen hat.

2. Dabei kommt es weder auf die Notwendigkeit oder Unerlässlichkeit der Verwendung eines Betriebsmittels, noch auf den Betriebsgegenstand jenes Unternehmens an, für welches der freie Dienstnehmer tätig wird (vgl. grundlegend VwGH 23.1.2008, 2007/08/0223 bis 0225 = WPA 6/2008, Artikel Nr. 256/2008 mit näheren Ausführungen zum Begriff der „wesentlichen eigenen Betriebsmittel“ nach § 4 Abs. 4 ASVG; so-wie aus der ständigen Judikatur etwa VwGH 22.2.2022, Ra 2020/08/0133 = WPA 10/2022, Artikel Nr. 226/2022).

3. Das Vorliegen wesentlicher eigener Betriebsmittel ist somit jedenfalls dann zu verneinen, wenn der freie Dienstnehmer (wie - abgesehen von der persönlichen Abhängigkeit - ein echter Arbeitnehmer) nur innerhalb und unter Verwendung der betrieblichen Struktur des Auftraggebers tätig ist (vgl. nochmals VwGH 23.1.2008, 2007/08/0223 bis 225).

4. Im Übrigen ist es in der eigenen Ingerenz eines Dienstnehmers gelegen, ob er über eine unternehmerische Struktur verfügen möchte oder nicht, ob er also seine Tätigkeit grundsätzlich eher arbeitnehmerähnlich (d.h. keine Tätigkeit für den „Markt“, sondern im Wesentlichen für einen Auftraggeber oder doch eine überschaubare Zahl von Auftraggebern, ohne eigene betriebliche Struktur, gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen, wie zB durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten etc.) aus-führen möchte oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will (d.h. zB - losgelöst vom konkreten Auftrag - spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert).

5. Auch in Fällen, in denen eine eigene unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes nicht klar zutage tritt, ist ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und die damit einhergehende steuerliche Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. VwGH 15.5.2013, 2012/08/0163, mwN).

6. Stellte der auftraggebende Verein einer Musiktherapeutin die Räumlichkeiten für die Ausübung der Tätigkeit ebenso zur Verfügung wie die Schlaginstrumente und waren weitere Musikinstrumente, die sie selber beisteuerte, die aber für private Zwecke an-geschafft und nicht dem Betriebsvermögen gewidmet waren, so verfügte die Musiktherapeutin über keine wesentlichen Betriebsmittel im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG. Daher lag auch eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG vor.

7. Ob das Eingehen eines freien Dienstverhältnisses nach dem MuthG (Musiktherapiegesetz) rechtlich zulässig war oder nicht, ist für die Beurteilung der vorliegenden Pflichtversicherung ohne Bedeutung.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste