04.11.2019, 08:14
Motivanfechtung wegen Arbeitnehmerforderung des Abstellens durchgehender Erreichbarkeit
OGH 9 ObA 101/19x vom 23. September 2019
§ 105 Abs. 3 Z 1 lit. i ArbVG
Sachverhalt:
Ein Arbeitnehmer wurde von seinem Dienstgeber gekündigt, nachdem er sich darüber beschwert hatte, dass er durchgehend für den Dienstgeber erreichbar sein musste (im Sinne einer dauernden Rufbereitschaft).
Strittig war, ob im vorliegenden Fall die Anfechtung der Kündigung wegen verpönten Motivs möglich war (Motivanfechtung).
So entschied der OGH:
1. Der OGH bejahte die Anfechtbarkeit der vorliegenden Kündigung als Motivkündigung.
2. Zweck des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG ist, Vergeltungskündigungen wegen offenbar nicht unberechtigter Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer zu vermeiden.
3. Von der Geltendmachung eines Anspruchs kann nur dann die Rede sein, wenn sich der Arbeitnehmer erkennbar auf eine Rechtsposition beruft.
4. Dies ist im hier jedenfalls gegeben und nicht etwa nur der Wunsch des Arbeitnehmers, die Arbeitszeit anders zu gestalten (Anmerkung: in einem derartigen Fall wurde vom OGH schon einmal entschieden, dass die Arbeitgeberkündigung als Reaktion auf einen „Arbeitnehmerwunsch“ zwecks Vertragsänderung keine Motivkündigung darstellt = OGH 8 ObA 59/14f vom 26. Februar 2015 = Artikel Nr. 282/2015).
5. Dass die hier erhobene Arbeitnehmerforderung jedenfalls nicht das einzige Motiv für die Arbeitgeberkündigung war, führt zu keiner anderen Beurteilung.
6. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es für die Anfechtung von Kündigungen, dass das verpönte Motiv für die Kündigung wesentlich ist.
7. Es ist hingegen nicht notwendig, dass das Motiv ausschließlicher Beweggrund ist.