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Ablesen von Wärmemessgeräten – echte Dienstverhältnisse – keine Werkverträge
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Ablesen von Wärmemessgeräten – echte Dienstverhältnisse – keine Werkverträge


VwGH Ra 2021/15/0058 vom 18. Mai 2022
§ 47 Abs. 1 EStG 1988


Nicht immer ist ein „Werkvertrag“ auch tatsächlich (im rechtlichen Sinne) ein „Werkvertrag“. Zwar hat die getroffene Vereinbarung und der Vertragspartnerwillen eine gewisse Bedeutung für die Zwecke der GPLB (also für die Frage, ob der „Werkvertrag“ abgabenrechtlich hält oder ob er nicht hält). Wenn sich allerdings die Abläufe (das „gelebte Vertragswesen“) feststellen lassen, so haben diese – wenn sie im Widerspruch zum „Vertragswerk“ stehen – eine größere Bedeutung („wahrer wirtschaftlicher Gehalt“).


Im vorliegenden Fall ging es um die Beurteilung der „Werkverträge“, die ein Unternehmen mit Personen abschloss, die „Wärmemessgeräte“ ablasen und Verbrauchwerte dokumentierten.
Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte dabei die Auffassung des Bundesfinanzgerichts, wonach es sich hierbei um echte Dienstverhältnisse handelte.
Ausschlaggebend waren dabei folgende Überlegungen:


A) Merkmale persönlicher Weisungsgebundenheit: traten aufgrund der Außendiensttätigkeit sowie Umständen, die in der Natur der Sache lagen, in den „Hintergrund“:
  • Diese Tätigkeit wurde außerhalb von örtlichen Einrichtungen des Auftraggebers durchgeführt, weshalb eine Unterscheidung einer unselbständigen von einer selbständigen Tätigkeit kaum anhand von Merkmalen der persönlichen Weisungsgebundenheit getroffen werden kann.
  • Dass Arbeitszeiten gewissermaßen vorgegeben waren (nämlich dann, wenn im jeweiligen Haushalt jemand anwesend war) und auch der jeweilige Arbeitsort, liegt dabei „in der Natur der Sache“. Das bedeutet, dass – egal, ob man diese Tätigkeit selbständig oder unselbständig ausübt – man auf diese Gegebenheiten trifft.


B) Merkmal „Unternehmerrisiko“: war nicht vorhanden
  • Aus diesem Grund war es notwendig, die Unterscheidung anhand anderer Merkmale zu treffen (zB. anhand von Feststellungen zum Vorliegen oder Nichtvorliegen eines etwaigen Unternehmerrisiko).
  • Nicht als taugliches Unternehmerrisiko galt, dass die Entlohnung „je erfolgreiche Ablesung“ erfolgte. Dies wurde als „Leistungsentlohnung“ gewertet, die auch bei echten Dienstnehmer:innen vorkommen kann.
  • Die Ablesenden konnten die Annahme von Aufträgen NICHT danach ausrichten, in welchen Wohnobjekten lukrative Ablesevorgänge zu erwarten waren, noch konnten sie den Erfolg ihrer Tätigkeit durch ihr eigenes Darzutun maßgeblich beeinflussen.
  • Zudem wurden die Fahrtkosten sowie Parkscheine ersetzt und auch Tagesdiäten gewährt, was gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos spricht.
  • Als eigene Betriebsmittel kamen Zangen, Schraubenzieher, Kugelschreiber sowie die eigenen Mobiltelefone zum Einsatz. Auch das riss den VwGH nicht vom Hocker, da es sich hierbei um betraglich nicht ins Gewicht fallende Arbeitsmittel handelte, die zudem in jedem Haushalt zum Einsatz kamen (keine wesentlichen Betriebsmittel).
  • Die wirklich wesentlichen Betriebsmittel (nach Einschätzung des VwGH) stellte der Auftraggeber zur Verfügung, nämlich in Form von Ampullen und Plomben.
  • Alles in allem konnten die Ablesenden ihren Erfolg weder durch Einnahmen noch durch Ausgaben (Einsatz von Arbeitsmitteln) wesentlich beeinflussen, womit sie kein relevantes Unternehmerwagnis getroffen hatte.
  • Dass einzelne Ablesende mit ihrer Ablesetätigkeit auch für andere und damit mehrere Auftraggeber tätig wurden und insofern selbst unternehmerisch auf dem Markt aufgetreten waren, konnte nicht festgestellt werden.


C) Vertretungsrecht innerhalb des Kollegenkreises: nicht ausschlaggebend:

Da sich im hier zu beurteilenden Fall das „Vertretungsrecht“ darin erschöpfte, dass Ablesearbeiten im Fall der Absage von anderen Ablesenden vorgenommen wurden, die ihre Leistungen direkt mit dem Auftraggeber abgerechnet hatten, stellt diese Vertretungsmöglichkeit keinen für eine selbständige Tätigkeit maßgeblich sprechenden Umstand dar.


Auf den WIKU-Punkt gebracht:

Verpflichtet sich jemand dazu, Zähler von Wärmemessgeräten abzulesen und den Verbrauch zu dokumentieren, erhält er dabei die Aufwände (Fahrtkosten, Parkscheine und Diäten) ersetzt und die wesentlichen Betriebsmittel vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt, kann er sich nur innerhalb des Kollegenkreises vertreten lassen und bezahlt der Auftraggeber das Entgelt des Vertretenden direkt an ihn, so liegt kein Werkvertrag, sondern ein echter Dienstvertrag vor.
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